Tana bru (Norwegen). Die E6 in Nordnorwegen hat ein Nadelöhr weniger. Die neue Brücke über den Tanaelv in Tana bru ist eingeweiht. Doch die alte Brücke hat eine bewegte Geschichte und einen hohen Symbolwert. Deshalb ist aktuell unklar, was aus ihr wird.
Die neue Brücke mit ihrem 95 Meter hohen Pfeiler ist zweifellos ein Schmuckstück, und zwar nicht nur bei Tageslicht: Sie wird bei Dunkelheit von 11 000 Lichtern angestrahlt. Diese können digital gesteuert auch acht verschiedene Farbprogramme wiedergeben, zum Beispiel die Farben der samischen Flagge oder die des Nordlichts. Die neue Brücke entspricht auch dem aktuellen Bedarf: Sie erlaubt Begegnungsverkehr und schwere Lasten und verfügt außerdem über Geh- und Radwege.
Die neue Brücke liegt 100 Meter südlich ihrer Vorgängerin. Diese stammt aus dem Jahr 1948, ist entsprechend schmal und es gibt Beschränkungen für schwere Achslasten. Funktionell mag sie nun ausgedient haben, doch ihr Symbolwert ist weiterhin hoch. Sie gab nicht nur dem Zentralort der Kommune Tana ihren Namen – sie hat auch eine bewegte Geschichte.
Die Geschichte der Tana bru
Norwegens nordöstlichster Landesteil war lange schlecht an den Rest des Landes angebunden. Doch Ende der 1930er Jahre wurde die Straße nach Kirkenes ausgebaut. In diesem Zuge wurde auch der Fährverkehr über den mächtigen Tanafluss 1939 durch die erste Brücke ersetzt, eine hölzerne Stelzenbrücke. Das Problem daran: Sie musste jeden Herbst abgebaut werden, da der Eisabgang im Frühjahr sie fortgerissen hätte. Im Winter fuhr man über das Eis.
Eine Ganzjahresbrücke wurde geplant. 1940 wurde Norwegen von Nazi-Deutschland besetzt. Die Besatzer waren höchst interessiert an einer Ganzjahresbrücke für die Straße nach Kirkenes, denn von dort aus sollte ja der Feldzug Richtung Murmansk stattfinden. Zum Jahreswechsel 1943/44 war die Hängebrücke über den Tanafluss fertig. Doch sie stand nicht lange. Im September 1944 schloss das zuvor mit Deutschland verbündete Finnland Frieden mit der Sowjetunion. Die Wehrmacht musste sich aus Finnisch-Lappland zurückziehen. Und die Rote Armee eroberte sich nicht nur das Gebiet von der Litza westwärts zurück, sondern überschritten auch die Grenze nach Norwegen. Am 25. Oktober befreite sie Kirkenes. Die Wehrmacht zog sich aus der Finnmark zurück und hinterließ dabei verbrannte Erde. Am 5. November 1944 sprengten Wehrmachtsoldaten die Brücke über den Tanaelv. Der schnelle Wiederaufbau nach Kriegsende hatte deshalb hohen Symbolwert. (Quelle zur Brückengeschichte u.a. bei Bloggeren Børre)
Was wird aus der alten Brücke?
Nun wird über die Zukunft dieser Brücke gestritten, wie NRK berichtet. Ursprünglich war geplant, sie abzureißen. Eine Gruppe aus Tana Kommune macht sich jedoch für den Erhalt des Wahrzeichens stark. Die norwegische Straßenbaubehörde (Statens vegvesen) prüft nun, ob die Brücke schutzwürdig ist. Ungeklärt ist auch, wer den Unterhalt der alten Brücke künftig finanzieren würde.
Die Passage durch Tana bru mit seinen aktuell zwei Brücken ist nach wie vor der einzige Weg, wenn man Norwegens nordöstlichstes Gebiet über norwegische Straßen erreichen will.
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