Daumenschrauben für die Aquakultur

Norwegen/Island. 2017 war ein Rekordjahr für den Export von norwegischem Zuchtlachs. Dort sind allerdings auch die Folgen langjähriger Aquakultur deutlich zu spüren. Tromsø will nun keine neuen offenen Anlagen mehr genehmigen. Auf Island haben sich zwei umstrittene Projekte dagegen gerade eine provisorische Betriebserlaubnis erkämpft.

Lachszucht

Lachszucht in Nordnorwegen. Foto Dagmar Hemmie

An Negativ-Schlagzeilen für die Aquakultur fehlt es nicht. Mal geht es um den Zustand der Tiere in der Anlage selbst, mal um die Auswirkung auf den Wildbestand – die Lachslaus gedeiht gut in der Masse und setzt insbesondere dem Wildlachs-Nachwuchs zu, zeigte eine ausführliche Untersuchung im Rahmen des Risikoreports des norwegischen Meeresforschungsinstitutes 2017. Dazu kommen genetische Veränderungen des Wildbestandes durch entkommene Zuchtfische. In den vergangenen Monaten war außerdem die tödliche Wirkung  des Anti-Lachslaus-Mittels auf Krabben in der Diskussion.

All dies führt dazu, dass nicht nur Umweltverbände die bisherige Praxis von offenen Netzen im Fjord kritisch sehen. Für eine heiße Diskussion sorgte nun aber ein neuer Unterpunkt im „Klima-, Miljø- und Energiplan 2018-2015“ der Kommune Tromsø, beschlossen am vergangenen Mittwoch: Darin wurde aufgenommen, dass man keine weiteren Lizenzen für offene Auquakulturanlagen mehr vergibt – nur noch für geschlossene oder an Land. Dafür hatte es im obersten Gremium der Kommune eine (linke) Mehrheit gegeben.

NRK berichtete über die Reaktionen: Kritik von Norwegens Fischereiminister Harald T. Nesvik, der früher selbst in der Aquakultur beschäftigt war, Kritik von der Branchenorganisation Sjømat Norge, Beifall vom norwegischen Naturschutzbund. Bisher hat noch niemand angekündigt, gegen diese Beschränkung der Lachszucht vorzugehen.

Aquakultur wächst auch auf Island

Lachs

Wilder Atlantiklachs. Foto William Hartley/ U.S. Fish & Wildlife Service

Das passierte jüngst auf Island: Umweltverbände hatten gegen die Betriebsgenehmigungen  für zwei Projekte in den Westfjorden geklagt – mit Hinweis auf die aus Norwegen bekannten Folgen der Aquakultur für die Umgebung. Auch auf Island sind inzwischen die ersten Zuchtlachse in den Flüssen gefunden worden.  In Patreksfjörður und Tálknafjörður sollten neue Anlagen für insgesamt 17 500 Tonnen Lachs im Jahr eingerichtet werden, als Erweiterung bestehender Aktivitäten.  Die Aufsichtsbehörde nahm die Einwände ernst und wiederrief die bereits erteilte Genehmigung.

Protest gab dies nicht nur von den Unternehmen, sondern auch von Lokalpolitikern, die auf Arbeitsplätze gehofft hatten.  Sie wandten sich an die Politik – und im Eilverfahren wurde zunächst die Möglichkeit eröffnet, für zehn Monate eine provisorische Lizenz zu bekommen und diese auch noch einmal zu verlängern.  Eine solche befristete Genehmigung wurde nun erteilt, allerdings nur für einen kleineren Fischbestand, um die Auswirkungen zu minimieren. In der Zeit sollen die Defizite nachgebessert werden.

2017: Eine Million Tonnen Lachs aus Norwegen exportiert

In Norwegen steht (Zucht-)Lachs laut Sjømat Norge für  68,4 Prozent des Einkommens aus dem Meeresprodukte-Export. Insgesamt wurde 2017 eine Million Tonnen Lachs exportiert. 72 Prozent des norwegischen Meeres-Erlöses stammt inzwischen aus Aquakultur, allerdings nur 40 Prozent des Volumens. 2018 setzt sich diese Entwicklung fort.

In Island ist die Fischerei auf See weiterhin dominant, die Aquakultur nimmt allerdings zu. Island exportierte laut Statistics Iceland 2017  insgesamt rund 610 000 Tonnen Meeresprodukte. Aus Aquakultur waren es nur 14,7 Tonnen Fisch.

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