Wie die 79°N-Gletscherzunge von unten verschwindet

Grönland. Der Nioghalvfjerdsbrae, international auch 79°N-Gletscher genannt, ist einer von drei verbliebenen Gletschern in Grönland, die mit einer schwimmenden Eiszunge auf dem Meer enden. Diese Eiszunge ist die größte Grönlands und 80 Kilometer lang. Doch sie wird immer dünner, zeigt nun eine neue Studie des Alfred-Wegener-Instituts: Die Dicke des Gletschers nahm seit 1998 um 160 Meter ab, außerdem bilden sich von unten Kanäle durch das „warme“ Atlantikwasser. Die Studie wurde in The Cryosphere veröffentlicht.

Im Sommer entstehen durch die hohen Temperaturen auf dem Eis des 79° N Gletschers ganze Seen. Foto Ole Zeising

Um Daten zu erhalten, hatte das Team um Hauptautor Ole Zeising vor Ort autonome Messinstrumente platziert. Außerdem verwendeten sie verschiedene Arten von Radarmessungen aus Flugzeugen. Von oben schmilzt der Gletscher sichtbar mit tiefen Seen, die durch Kanäle im Eis in den Ozean fließen. Weniger sichtbar ist, was von unten passiert und sich nur durch Messdaten zusammenstellen lässt. So wächst seit etwa 2010 ein 500 Meter hoher Kanal im Eis, der sich in Richtung Inlandeis ausbreitet. Die Eisdecke über dem Kanal ist an der Grundlinie, also wo der Gletscher gerade noch auf Land sitzt, nur noch etwa 190 Meter dick. Während die Gletscherzunge sich von oben gesehen noch halbwegs hält, hat das wärmere Atlantikwasser sie von unten schon schrittweise ausgehöhlt und ausgedünnt. Eine weitere Studie des AWI modellierte die entsprechenden Atlantikströmungen unter der Gletscherzunge. 

Nachbar des Nioghalvfjerdsbrae hat seine Zunge schon verloren

NEGIS

Lage der NEGIS-Mündungen in Nordost-Grönland. Karte sel/stepmap

Der Nioghalvfjerdsbrae ist einer der beiden Auslassgletscher, über die Nordostgrönländische Eisstrom (NEGIS) ins Meer mündet. Sein Nachbar, Zachariae Isstrom, hat seine Zunge schon 2002 verloren. Seitdem fließt der Strom dort noch schneller. Die Studienautoren gehen davon aus, dass auch die Zunge des  Nioghalvfjerdsbrae in nicht allzu ferner Zukunft abbrechen wird. Die Entwicklung hängt natürlich auch davon ab, wie warm das atlantische Meerwasser ist, das dem Eis von unten zusetzt. So soll die Schmelzrate ab 2018 etwas gesunken sein, was darauf schließen lässt, dass die Ozeantemperaturen dort nicht ganz so warm waren wie die Jahre zuvor.

Früherer Artikel zum NEGIS:

Nordost-Grönland: Abfluss aus Eisstrom bisher massiv unterschätzt

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