Finnland. Die Wahl zum finnischen Samenparlament muss wiederholt werden. Das entschied gestern das Oberste Verwaltungsgericht in Finnland. Anlass ist, dass 72 Personen, die gerne gewählt hätten und nach Auffassung des Gerichts auch wahlberechtigt gewesen wären, von der Wahl im Herbst 2023 ausgeschlossen waren. Dahinter steht der Streit darum, wer sich in Finnland eigentlich „Same“ nennen darf. Darüber berichtete Yle (schwedisch, finnisch, englisch).
Die Macht des finnischen Samenparlaments – nordsamisch Sámediggi – ist begrenzt. Aber doch groß genug, dass es sich lohnt, um das aktive oder passive Wahlrecht dafür zu kämpfen. Nach der aktuellen Gesetzeslage muss dafür eins der folgenden Kriterien zutreffen:
- Samisch ist die Muttersprache oder war es zumindest bei den Eltern oder Großeltern.
- Die Vorfahren wurden in alten Steuerverzeichnissen als „Lappländer“ aufgeführt.
- Die Vorfahren waren schon stimmberechtigt für samische Gremien und das Samenparlament.
Wahlrechtsreform für Samenparlament verzögert
Punkt zwei ist inzwischen als Kriterium umstritten, da es nun die Auffassung gibt, dass damals auch Leute „Lappländer“ genannt werden konnten, die in ähnlichen Erwerbszweigen tätig waren. Dies gilt als Einfallstor dafür, dass Leute ohne Anknüpfung an die samische Sprache und Kultur Einfluss im samischen Parlament bekommen. Eigentlich hatte ein neues Gesetz dazu noch vor der neuen Wahl zum Sámediggi im Herbst 2023 verabschiedet werden sollen, in dem das „Lappländer“-Kriterium wegfällt. Doch die Regierung von Sanna Marin fand keine Mehrheit für den entsprechenden Entwurf im finnischen Parlament, auch in der eigenen Regierung gab es unterschiedliche Auffassungen.
Sprache als Kriterium
Ein Problem der vor allem an der Sprache orientierten Definition ist, dass die samischen Sprachen auch in Finnland lange Zeit stark diskriminiert wurden und viele samische Eltern sie deshalb gar nicht an ihre Kinder weitergaben. Im neuen Gesetz sollte deshalb auch noch eine frühere Generation samischsprechender Vorfahren angeführt werden können. Es gibt allerdings auch regionale Unterschiede dabei, inwieweit samische Traditionen bewahrt werden konnten.
72 ausgeschlossene Personen klagten erfolgreich
Die Wahlkommission des Sámediggi hatte 2023 selbst nach engeren Kriterien darüber entschieden, wer ins Wählerverzeichnis aufgenommen wird, und verwies dabei auf das Selbstbestimmungsrecht. Dadurch wurden unter anderem jene 72 Personen von der Wahl ausgeschlossen, die dann dagegen klagten. Insgesamt hatten mehr als 100 Personen geklagt. Die höchste Instanz des Verwaltungsgerichts gab 72 Personen nun recht. Die Wahl muss bis zum Sommer wiederholt werden, und diesmal müssen die 72 von der Wahl ausgeschlossenen Personen im Wählerverzeichnis stehen.
Neuer Gesetzesentwurf zum Wahlrecht auf dem Weg
Gleichzeitig hat sich nun die neue finnische Regierung des Gesetzesentwurfs zum Wahlrecht für das Samenparlament angenommen, und es sieht aus, als würde er diesmal eine Mehrheit finden, mit nur kleinen Änderungen. Als Regierungsparteien stehen die Basisfinnen und die Sammlungspartei jetzt hinter mehr oder weniger demselben Gesetzesvorschlag, den sie in der Opposition noch zu Fall brachten.
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