Weiter Erdrutschgefahr am Karratfjord – Tsunami bis Uummannaq möglich

Grönland. Schlechte Nachrichten für die Orte am Karrat- und Uummannaq-Fjordsystem: Noch immer besteht das Risiko, dass am Karratfjord große Teile der Bergwand abrutschen und einen Tsunami auslösen. Diese Flutwelle könnte sogar noch heftiger ausfallen als die von 2017. Darüber berichteten Sermitsiaq und KNR.

Tsunamigefahr

Nuugaatsiaq wurde von der Flutwelle 2017 am stärksten getroffen. Karte sel/ stepmap.

Am 17. Juni 2017 löste ein Bergrutsch am Karratfjord eine Flutwelle aus, bei der vier Menschen starben. Bis heute dürfen die Bewohner von Nuugaatsiaq und Illorsuit nicht zurück in ihre Dörfer – zu gefährlich. Die meisten leben heute in Uummannaq.

Die Abhänge am Karratfjord sind weiter unter Beobachtung. Satellitenaufnahmen zeigen, dass es an der Bergwand weiterhin abrutschgefährdete Massen gibt: Das Gebiet Karrat 1 mit 13 Millionen Kubikmetern,  Karrat 2 mit 11 Millionen Kubikmetern und Karrat 3 mit 412  Millionen Kubikmetern. Oberhalb von Karrat 3 gibt es noch ein Stück, das möglicherweise mit abrutscht, sodass es insgesamt 524 Millionen Kubikmeter wären. Welche Folgen diese Erdrutsche für die Region haben können, wurde nun genauer modelliert. Dafür arbeiteten das dänische Geologische Institut GEUS und die Bereitschaftskommission der grönländischen Polizei mit dem norwegischen geotechnischen Institut NGI zusammen.

Worst-Case-Szenario betrifft auch Gesundheitszentrum von Uummannaq

Das Ergebnis zeigt, dass bei einem Abrutschen von Karrat 1 und Karrat 2 in Nuugaatsiaq und Illorsuit erneut meterhohe Flutwellen ankommen würden. Sehr viel umfangreicher noch wären die Folgen, wenn der große Block Karrat 3 abrutschen würde.

Karratfjord

Sentinel 2-Satellitenbild mit den früheren Erdrutschen (grün-gelb) und drei aktuellen Gefahrenzonen. Quelle GEUS via Naalakkersuisut

Bei einem Abrutschen von Karrat 3 wären nicht nur die beiden bereits evakuierten Orte, sondern auch bewohnte Gebiete in sechs weiteren betroffen: Niaqornat, Qaarsut, Uummannaq, Saattut, Ukkusissat und Ikerasak. Im Worst-Case-Szenario, einem Abrutschen des kompletten Blockes Karrat 3, wäre die Häuser und Wohnungen von 176 Menschen unter Wasser. Selbst in Uummannaq wäre die Welle noch sechs bis 14 Meter hoch Dort liegen unter anderem das Gesundheitszentrum und ein Lebensmittellager in der Gefahrenzone. In Uummannaq hätten die Einwohner 30 Minuten Zeit, sich zu retten, wenn sie denn rechtzeitig Bescheid wissen. Im evakuierten Ort Nuugaatsiaq wäre die Welle schon nach sieben Minuten und 37 bis 74 Meter hoch.

Knappes Zeitfenster – kein befriedigendes Alarmsystem

Über Alarmsysteme wird zwar diskutiert, offenbar gibt es aber bisher keine befriedigende technische Lösung. Darauf geht der Bericht der Bereitschaftskommission ein. Ein in Norwegen häufig eingesetztes System, das die Bewegung am Berg misst, führe zu vielen Fehlalarmen, heißt es dort. Ein Alarm, der direkt bei einem Erdrutsch/Tsunami auslöst, würde nur wenig Zeit lassen. Beide benötigen außerdem mehrere Monate für den Einbau. Zurzeit sind in Niaqornat (23 Minuten, alle 35 Einwohner gefährdet) und Qaarsut (26 Minuten, 113 von 170 gefährdet) Wachen eingesetzt, die das Wellenmuster beobachten. Sermitsiaq weist aber daraufhin, dass diese Wachen nicht selbst eine Evakuierung auslösen dürfen, sondern nur Alarm geben, wodurch ebenfalls Zeit verloren geht.

Der neue grönländische Regierungschef Múte B. Egede war in den vergangenen Tagen mit einem Krisenteam in fast allen betroffenen Orten, um zu informieren und Fragen zu beantworten. Als letztes ist heute Ukkusissat dran. Die 176 Personen, die bei einem Worst-Case-Szenario ihr Haus oder ihre Wohnung verlieren würden, soll Unterstützung angeboten werden, falls sie umziehen wollen.

Früherer Artikel zum Thema:

Grönland gedenkt Opfern des Tsunami 2017

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