Norwegen. Gestern wurde der erste Offshore-Windpark Norwegens eröffnet: Hywind Tampen, nordwestlich von Bergen. Es handelt sich um eine schwimmende Anlage mit elf Windrädern, 140 Kilometer entfernt vom Land. Sie wird weder Haushalte versorgen noch Elektroautos laden – Aufgabe von Hywind Tampen ist es, zur Stromversorgung der fünf Snorre- und Gullfaks-Bohrinseln beizutragen. Außerdem ist es der Einstieg Norwegens in eine neue, „grüne“ Branche. Darüber berichteten NRK.und Betreiber Equinor selbst.
Zur feierlichen Eröffnung wurden Kronprinz Haakon und Premierminister Jonas Gahr Støre auf die Plattform Gullfaks C geflogen. Die Wassertiefe bei diesen Nordsee-Bohrinseln beträgt zwischen 260 und 300 Meter – zu tief für feste Offshore-Anlagen. Die Hywind-Technologie für schwimmende Offshore-Anlagen wurde vom staatseigenen Öl- und Gas-Multi Equinor selbst entwickelt. Die Windräder stehen auf einer gut 100 Meter langen flaschenförmigen Unterstruktur die im Meeresboden verankert ist. Der Turm der Windkraftanlage ist 82 Meter hoch, die Rotoren haben einen Durchmesser von 167 Metern. Die Turbinen lieferte Siemens Gamesa. Es soll der bisher größte schwimmende Windpark der Welt sein.
Deckt Strombedarf für fünf Bohrinseln zu 35 Prozent
Zusammen sollen die elf Anlagen eine Kapazität von 88 Megawatt haben. Hywind Tampen ist zwischen dem Gullfaks- und dem Snorre-Feld platziert. Der erzeugte Strom geht ausschließlich an die fünf Bohrinseln Snorre A und B sowie Gullfaks A, B und C, die somit Gas einsparen. Dadurch reduziere sich die Umweltbelastung um 200.000 Tonnen CO₂ und 1000 Tonnen Stickstoffoxide, so Equinor. Für die komplette Energieversorgung reicht es nicht: Nach jetzigem Stand kann Hywind Tampen den Bedarf der fünf Bohrinseln zu etwa 35 Prozent decken.
7,4 Milliarden NOK, nach dem aktuellen, schwachen Kurs 642 Millionen Euro, hat das Projekt gekostet und wurde vom norwegischen Staat mit 2,3 Milliarden NOK und von einem Wirtschaftsfonds mit 566 Millionen NOK unterstützt. Beteiligt an Hywind Tampen sind Equinos Bohrinsel-Partner Petoro, OMV, Vår Energi, Wintershall Dea und INPEX Idemitsu.
Meilenstein – für die Zukunft im Bereich schwimmende Offshore-Windkraft
Die Feiernden auf Gullfaks C lobten Hywind Tampen als einen weiteren Meilenstein auf dem norwegischen Sockel. Tatsächlich spart es „nur“ 3-4 Promille von Norwegens gesamtem Kohlendioxidausstoss, zu einem hohen Aufwand. Doch für Equinor – und für die norwegische Politik – ist das nur ein Schritt zu einem neuen Geschäftsfeld, das in Zukunft profitabel werden könnte: schwimmende Offshore-Windkraft. Den Unterwasser-teil der Technologie dazu können norwegische Firmen liefern, die bisher für Offshore-Öl- und Gas-Plattformen produziert haben. Das wäre für diese auch ein Geschäftsfeld über das Ölzeitalter hinaus.
Keine Konflikte um den Strom
Ein anderer Vorteil des schwimmenden Windparks ist, dass die Plattformen so zumindest teil-elektrifiziert werden können, ohne dass es zu Nutzungskonflikten um Strom und Land kommt, wie es beispielsweise bei der Plattform Johan Sverdrup oder bei der Flüssiggasanlage Melkøya der Fall ist. Unklar sind noch die Auswirkung auf Fische und Fischer.
Doch auch teilweise elektrisch ausgebeutetes Öl oder Gas erzeugt später bei der Verbrennung CO2.
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