Schmelzwasser destabilisiert den Eiskörper auch über kleine Risse

Grönland. Auf dem grönländischen Eispanzer hat offiziell die Schmelzsaison begonnen. Dazu, was dabei eigentlich geschieht, haben die Glaziologen Alun Hubbard und David Chandler beunruhigende Neuigkeiten: Über feine Risse, die mit Satelliten nicht zu entdecken sind, kann Schmelzwasser sehr tief in den Eispanzer hineingelangen und ihn von innen destabilisieren. Die Studie wurde von Nature Geoscience veröffentlicht, einen populärwissenschaftlichen Artikel dazu gibt es in The Conversation.

Into The Ice

Alun Hubbard seilt sich ab in die Gletschermühle. Foto Lars-H. Ostenfeld, Into The Ice

Der Beginn der Schmelzsaison wird dadurch definiert, dass die Oberflächenmassebilanz negativ ist – also mehr wegschmilzt, als eventuell in höheren Lagen noch draufschneit. Das Schmelzwasser sammelt sich in mächtigen türkisen Strömen, um Richtung Meer zu fließen – und manchmal verschwindet es durch Gletschermühlen in den Untergrund und bahnt sich dort seinen Weg weiter. Wie so eine Gletschermühle von innen aussieht, zeigt eindrücklich der Film „Into The Ice“. Alun Hubbard, einer der Protagonisten des Films, vergleicht im neuen Artikel die Entwässerung des grönländischen Eispanzers über Gletschermühlen und Unter-Gletscher-Ströme mit dem Entwässerungssystem einer Großstadt – nur dass es seine Kapazität ständig von selbst den Bedingungen anpasst.

Schmelzwasser bringt Wärme in die Tiefe und verändert die Konsistenz

Hubbard und seine Kollegen haben allerdings auch dort Gletschermühlen entdeckt, wo sich nach bisherigem Stand der Forschung keine bilden sollten, weiter im Inland, abseits von Gletscherspaltenfeldern. Und er beschreibt, wie die Eisoberfläche von unzähligen winzigen, nicht mehr als zwei Zentimeter weiten Sprüngen durchzogen ist, über die sich das Schmelzwasser bei Bedarf seinen Weg sucht. Selbst wenn nicht die Macht eines ganzen Stroms dahintersteckt, der bis zum Boden dringt, kann Schmelzwasser durch diese Sprünge mehrere Hundert Meter weit in den Eispanzer gelangen. Dabei bringt es Wärme hinein und verändert die Konsistenz. Dies, so Hubbard und sein Kollege Chandler in der Studie, destabilisiere den Eispanzer von innen, mache ihn noch anfälliger bei einem wärmeren Klima. Dieser Effekt sei bei den Klimamodellen bisher nicht berücksichtigt. Schmelzen die Eispanzer in Grönland und der Antarktis durch diesen Mechanismus allerdings schneller ab als erwartet, steigt auch der Meeresspiegel schneller – eine schlechte Nachricht für Länder mit tiefliegenden Küsten.

Mehr zum Thema:

Die Entwicklung des grönländischen Inlandeises:

Dieser Beitrag wurde unter Grönland, Klima veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert