Norwegen. Immer mehr Kreuzfahrer finden den Weg nach Norwegen. Die Urlauber wollen saubere, unzerstörte Natur genießen. Doch die Schiffe hinterlassen Spuren, in der Luft und im Wasser. Umweltminister Vidar Helgesen hat nun eine Verschärfung der Gesetze angekündigt. Sie betreffen den Umgang mit Abwasser und Abgasen – für alle Schiffe, in ganz Norwegen und auf Spitzbergen.
Im Jahr 2016 liefen Kreuzfahrtschiffe 1 809 Mal einen norwegischen Hafen an, eine Zunahme von fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Insgesamt handelt es sich dabei um 658 882 Passagiere. Innerhalb von 15 Jahre hätten sich die Zahlen damit verdreifacht, so das transportökonomische Institut des norwegischen Zentrums für Verkehrsforschung.
Die Dokumentation „Shit O’hoi“ des norwegischen Fernsehens (NRK) aus dem vergangenen Sommer nahm die weniger bekannten Seiten des Kreuzfahrttourismus unter die Lupe. Ein Reporterteam fuhr mit dem Kreuzfahrtschiff Artania von Bremerhaven nach Island, Spitzbergen und entlang der norwegischen Küste, insgesamt 17 Tage lang. Während die Gäste die Fahrt genossen, wollte die Reporterin wissen, wo das nicht gegessene Essen landet, was mit dem Abwasser passiert, wie viel Treibstoff das Schiff verbraucht – und wie man in den teilweise sehr kleinen Zielorten auf den kurzfristigen Bevölkerungszuwachs eingerichtet ist.
Welterbe-Fjorde begehrtes Ziel
Schon davor gab es allerdings eine Diskussion um die Frage, wie man die drei norwegischen Fjorde, die von der UNESCO als Welterbe anerkannt sind, Geirangerfjord, Nærøyfjord und Aurlandsfjord, besonders schützen kann. Dorthin zieht es besonders viele Gäste. Aber bisher darf völlig legal in den Fjorden Schmutzwasser abgelassen werden. An Norwegens Westküste ist dafür bisher nur ein Abstand von 300 Metern zum Land vorgeschrieben – und lokale Schiffe und Touristenfähren nutzen diese Möglichkeit. Die großen Kreuzfahrer halten ihre Tanks im Fjord selbst meist geschlossen, tragen aber mit ihren Abgasen zur Verschmutzung bei. Die zuständige Behörde, Sjøfartsdirektoratet, hat dazu inzwischen einen Bericht erstellt.
Neue Regeln für Schmutzwasser und Abgase
In Bezug auf Schmutzwasser soll künftig für alle gelten: Erst zwölf Seemeilen entfernt von der Küste dürfen die Ventile geöffnet werden. Östlich der norwegischen Südspitze bei Lindesnes gilt dies bereits. Mit der konkreten Ausarbeitung hat der Minister die zuständige Fachbehörde (Sjøfartsdirektoratet ) beauftragt, wie auch in einer Pressemitteilung zu lesen ist. Für die drei Welterbe-Fjorde sollen außerdem strengere Abgasnormen für Schwefel und Stickoxide festgelegt werden. Die Regeln sollen bis Ende nächsten Jahres fertig sein.
Bei der Neuausschriebung der Küstenroute Bergen-Kirkenes wurden bereits höhere Umweltstandards verlangt (siehe Hurtigruten bewirbt sich für Hurtigruten).
Neue Technik
Dass es mit weniger Abgasen geht, zeigen neue Projekte: Auf Norwegens Fjorden gibt es inzwischen auch Elektro-Fähren. Color Line hat für die Strecke Strömstad-Sandefjord eine Hybridfähre bestellt, die den gesamten Fjord ohne Abgase durchquert. Und Hurtigruten lässt zwei neue Hybridschiffe, bauen, die in den nächsten beiden Jahren in Dienst gestellt werden sollen: „Roald Amundsen“ und „Fridtjof Nansen“ sollen mit 20 Prozent weniger Treibstoff fahren und an sensiblen Stellen auch ganz ohne Diesel auskommen.
Clean Arctic Alliance
Umweltschutzorganisationen setzen sich inzwischen mit einem gemeinsamen Aufruf für ein komplettes Verbot von Schweröl in arktischen Gebieten ein, wie es bereits in der Antarktis gilt. Die Schweröl-Abgase haben in kalten Gebieten besonders negative Folgen, weil sich der Ruß auf Schnee und Eis legt und damit die Reflexion der Sonnenstrahlen erschwert. Auslaufendes Schweröl bei Lecks oder Unfällen baut sich in dem kalten Klima zudem besonders langsam ab. Zur Clean Arctic Alliance gehören unter anderem der deutsche NABU, Greenpeace, die norwegische Organisation Bellona, der WWF und Nátturuverndarsamtök Íslands.
Internationale Vorschriften
International gilt ein abgestuftes System für Abwasser, je nach Herkunft und Grad der Vorbehandlung auf dem Schiff selbst. Unbehandelt darf es nur mindestens zwölf Seemeilen entfernt von der Küste abgelassen werden.
Die internationalen Vorschriften für Treibstoffe sind vergangenes Jahr verschärft worden – ab 2020 ist auf Schiffen nur noch Treibstoff mit einem Schwefelgehalt von 0,5 Prozent erlaubt – oder die Abgase müssen mit speziellen Anlagen an Bord entsprechend gereinigt werden. Aktuell sind noch 3,5 Prozent Schwefelgehalt erlaubt. Auf der Ostsee und der Nordsee südlich des 62. Breitengrades (ungefähr die Höhe von Ålesund) gelten heute schon Grenzwerte von 0,1 Prozent für Schwefel.