Norwegen. Keine Frage: An der norwegischen Küste gibt es viel Wind – und immer mehr Unternehmen wollen diesen zur Energieerzeugung nutzen. Dagegen gibt es aber auch immer mehr Proteste. Bereits genehmigt ist das Windkraft-Projekt Øyfjellet westlich von Mosjøen in der Kommune Vefsn. Doch der Widerstand dagegen dauert an. Unter anderem, weil es bisher keine Lösung für die davon betroffenen Rentierhalter gibt. Für einen möglichen Gerichtsprozess wurden bereits 400 000 NOK gespendet.
Die Planung für das Projekt Øyfjellet geht bereits über viele Jahre. 2016 gab es eine Konzession, im Dezember 2019 genehmigte die zuständige Behörde (Norges Vassdrags- og Energidirektorat, NVE) den Plan für 72 Windkraftanlagen. Vorausgesetzt wird eine Einigung mit Jillen-Njaarke Reinbeitedistrikt, deren Areal davon betroffen ist. Diese Einigung gibt es bisher aber nicht. Im Frühjahr kam es bereits zu Problemen. Denn über das Areal verlaufen die traditionellen Rentier-Zugwege des Distrikts Jillen-Njaarke. Die vorbereitenden Arbeiten hatten jedoch bereits begonnen – und die Firma war nicht bereit, die Arbeit in dieser Zeit lange genug niederzulegen, um den Tieren eine unstressige Passage zu ermöglichen. Weitere Proteste kommen von Anliegern und Tourismusunternehmen, es gab auch Aktionen vor Ort. Darüber berichtete NRK.
Rentiere meiden oft Windkraftanlagen
Die Mitglieder von Jillen-Njaarke Reinbeitedistrikt fürchten, dass ihr Lebensmodell und Erwerbszweig durch den Windpark praktisch unmöglich gemacht wird, da sie keine Chance sehen, wie bei der bisherigen Planung 2000 Rentiere künftig an den Anlagen vorbei zwischen den Weideflächen wechseln können. Es gibt bereits eine Reihe von Untersuchungen zum Verhalten von Rentieren in der Nähe von Windkraftanlagen. In einigen Fällen mieden sie die Gegend deutlich und weiträumig, in anderen waren die Auswirkungen geringer. Eine Übersicht zu bisherigen Untersuchungen in Norwegen und Schweden kommt zu dem Schluss, dass mehrere Faktoren ausschlaggebend sind dafür, wie die Rentiere sich entscheiden. Zu bedenken ist, dass im Zuge eines Ausbaus auch Wege entstehen, die anschließend genutzt werden, was auch Auswirkungen auf das Verhalten der Rentiere hat. Jillen-Njaarke Reinbeitedistrikt hat ein eigenes Gutachten dazu anfertigen lassen, das zeigt, wie begrenzt ihr Gebiet ohnehin schon ist – durch Straßen, die Bahn, Hüttensiedlungen, Freizeiteinrichtungen, Wasserkraft und Stromleitungen.
Strom soll für Aluminiumproduktion genutzt werden
Eigentümer des Projekts Øyfjellet Vindpark ist die deutsche Gesellschaft Aquila Capital. Entwickelt und umgesetzt wird es von der norwegischen Tochtergesellschaft der schwedischen Eolus Vind. Man rechnet mit 1,2 Terawattstunden Stromproduktion im Jahr. Dieser ist für die nächsten 15 Jahre bereits verplant: Er soll gut ein Drittel des Bedarfs des Aluminiumproduzenten Alcoa in Mosjøen decken.
Vergangene Woche fanden Verhandlungen zwischen Jillen-Njaarke und Eolus Vind statt, bei denen es aber zu keiner Einigung kam. Der Projektleiter von Eolus Vind sagte zu NRK, er wünsche sich eine außergerichtliche Einigung. Der Anwalt von Jillen-Njaarke Reinbeitesdistrikt berichtete, die einzige Forderung der Rentierhalter sei eigentlich, dass die Zugmöglichkeit sichergestellt sei. Inwieweit das in dem Terrain ohne Abstriche am Projekt möglich ist, ist fraglich.
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