Neue Untersuchung: Bugrampe der Estonia geborgen

Finnland/Estland/Schweden. Auch 29 Jahre nach dem Untergang der Estonia in der Ostsee gibt es keine Erklärung, die alle überzeugt. Doch aktuell ist eine neue Expedition für eine Untersuchung vor Ort, bestehend aus Ermittlern aus Finnland, Schweden und Estland.  Von Bord des Schiffes Viking Reach aus wurden Proben genommen, gefilmt und die Bugrampe heraufgeholt. Darüber berichtete unter anderem SVT.

Bugvisier der Estonia im Museum

Bugvisier der Estonia, heute aufbewahrt in einem Gebäude des Flottenstützpunkts Muskö- Foto: Annelie Karlsson, Sjöhistoriska Museet

Auslöser für die neue Untersuchung war eine Doku des schwedischen Journalisten Henrik Evertsson 2020, „Estonia – fyndet som ändrar allt“ (Estonia – der Fund, der alles ändert). Evertsson bekam dafür den schwedischen Journalistenpreis und eine Anklage an den Hals wegen Grabfriedensbruch. Letzter Stand: Das Landgericht sprach ihn schuldig, er geht in die höchste Instanz dagegen. 

Illegal oder nicht: Die Aufnahmen seines Teams von einem großen Loch im Rumpf weckten breites Interesse, auch bei den staatlichen Havariekommissionen der drei beteiligten Länder. Die erste Erklärung nach dem Unglück hatte die Hauptschuld der Konstruktion des Bugvisiers zugewiesen. Doch es gab auch schon Untersuchungen, die zu dem Ergebnis kamen, es müsse sich um eine Explosion gehandelt haben. Um eine neue Untersuchung durchführen zu können, wurden sogar die Grabfriedensgesetze rund um das Wrack geändert, die die drei Länder damals erlassen hatten.

Überlebende wollen Aufklärung

Eine neue Untersuchung ist durchaus im Interesse von Überlebenden und Angehörigen von Opfern, die gerne Gewissheit darüber haben wollen, was damals eigentlich passiert ist. „Die Untersuchung von 1997 war nicht zufriedenstellend“, sagte beispielsweise der Überlebende Urban Lambertsson gegenüber dem schwedischen Fernsehen. Er ist auch an Bord des Schiffes Viking Reach.

Proben, Filmaufnahmen und die Bugrampe

Die Viking Reach war am 18. Juli vom schwedischen Karlskrona aus zum Wrack der Estonia aufgebrochen, das in internationalen Gewässern, aber innerhalb der finnischen ökonomischen Zone liegt. Zum einen gab es einige Tauchgänge, und ein ferngesteuertes Unterwasserfahrzeug filmte unter anderem im Autodeck, um Antwort auf die Fragen zur Situation dort zu geben. Dem ersten Anschein nach gibt es allerdings keine Spuren einer Explosion. Es wurden Proben genommen, und in der Nacht zu Dienstag gelang es auch, die Bugrampe zu bergen, die gemeinsam mit der Bugvisier eine zentrale Rolle beim Unfallhergang spielte. Die Bugrampe wird nun zur Untersuchung nach Estland gebracht.

Grabfriedensgesetz erschwert Aufklärung

Beim Untergang der Estonia am 28. September 1994 starben 852 Menschen, viele davon kamen gar nicht aus dem Schiff. Nur 137 überlebten. Das Schiff war auf dem Weg von Tallinn nach Stockholm gewesen. Wegen der vielen Toten im Schiff einigten sich Estland, Schweden und Finnland auf einen „Grabfrieden“, eine Bannmeile um das Wrack, zu dem niemand hinuntertauchen sollte. Fast alle Ostseeanrainer schlossen sich dem an, Deutschland nicht. Auf der Suche nach Aufklärung erwies sich die Bannmeile mehrfach als Hindernis: Vor Evertsson war schon die deutsche Journalistin Jutta Rabe im Jahr 2000 deshalb in Schweden angeklagt worden.

Theorien zum Untergang der Estonia gibt reichlich, ähnlich wie beim Palme-Mord – und auch da konnte die letzte Erklärung nicht alle überzeugen:

Ermittler zum Palme-Mord: Es war der „Skandiamann“

 

Dieser Beitrag wurde unter Finnland, Meer, Schweden veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert