Neue Theorie zum Ende der nordischen Siedlungen in Grönland

Grönland. Warum haben sich die nordischen Siedler des Mittelalters in Grönland nicht gehalten? Erklärungsversuche dazu gab es schon viele, nun gibt es einen weiteren: Ein US-Forscherteam hat Nachweise dafür gefunden, dass das Binnenklima am Siedlungsort gar nicht so viel kälter, aber trockener wurde. Damit war es schwieriger, Heu zu machen und Tiere über den Winter zu bringen. Die Studie wurde in Science Advances veröffentlicht.

Langhaus

Rekonstruiertes Langhaus der nordeuropäischen Siedler. Foto Mads Pihl/ Visit Greenland

Der Beginn der nordischen Siedlergeschichte in Grönland geht bekanntlich so: Erik der Rote erschlug jemanden auf Island, wurde 982 für drei Jahre ausgewiesen und verbrachte diese in Südgrönland. Danach warb er andere Siedlungswillige an, um gemeinsam in Südgrönland  im heutigen Qassiarsuk eine Niederlassung zu gründen. Es soll auch seine Idee gewesen sein, das Land „Grænland“, „grünes Land“ zu nennen. Reste von Eriks Hof Brattahlið sind bis heute erhalten und Teil von Kujataa, das 2018 auf die Liste der Unesco-Weltkulturerbestätten aufgenommen wurde. Laut der Begründung zeugten die Spuren dieser früheren Siedler von einem tiefen Wissen um die Umgebung, die es ihnen ermöglichte, an der Grenze der Vegetationszone Landwirtschaft zu betreiben.

Rekonstruktion aus See-Sedimenten

Warum also machten sie nicht einfach weiter? Warum verliert sich nach 500 Jahren jede Spur? Häufig heißt es, dass das Klima kälter wurde. Eine andere Erklärung ist, dass der lukrative Handel mit Walrosszähnen schlechter geworden war. Nach dem Team um Hauptautor Boyang Zhao von der Universität Massachusetts Amherst war es dagegen die wachsende Trockenheit, die den Siedlern das Überleben schwer machte.

Dazu rekonstruierten sie zwei damalige Klimaparameter aus den Sedimenten von „See 578“ in der Nähe von Brattahlið.  Die bisherigen Klimadaten dieser Zeit stammen aus Regionen, die weiter entfernt sind, beispielsweise Eisbohrkerne. Doch die Unterschiede zwischen dem Inlandeis und einem geschützt liegenden Ort können groß sein. 

Temperatur und Wasserbedarf

Die Temperatur wurde anhand eines von Bakterien produzierten Lipids rekonstruiert und ergaben überraschend, dass das Mikroklima dort in der Zeit der Besiedlung keineswegs massiv kälter wurde. Durch die Analyse der Wachsschicht auf Blattresten ermittelten sie außerdem, wie viel Wasser diese Pflanzen bekommen hatten. Und es zeigte sich, dass die Bedingungen immer trockener wurden. Damit wurde es immer schwieriger, ausreichend Nahrung für die Nutztiere für den Winter zu erzeugen. Auch heute kann es in Südgrönland Trockenphasen geben, die ungünstig für das Pflanzenwachstum sind – obwohl es dort zunehmend wärmer wird. Die Funde könnten also ein weiteres Puzzleteil sein, die das Verschwinden erklären.

Früherer Artikel zum Thema: Grönland: Hof Erik des Roten ist jetzt UNESCO-Welterbe

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