Island. Die erste Runde geht an Bára Halldórsdóttir. Vier Mitglieder der isländischen Zentrumspartei hatten sie verklagt, weil sie ihr Gespräch in der Hotelbar Klaustur aufgenommen und den Medien zugespielt hatte Doch das Gericht in Reykjavik lehnte die Klage gestern ab.
Bára Halldórsdóttir.hatte die Aufzeichnungen ursprünglich unter dem Pseudonym „Marvin“ an Stundin und DV weitergeleitet. Nach zwei Wochen Diskussion über den für die Politiker ziemlich entlarvenden „Klaustur“-Mitschnitt gab sie sich in „Stundin“ zu erkennen. Sie sei zwischen zwei Terminen in der Hotelbar einen Kaffee trinken gegangen. Die Gruppe aus sechs Abgeordneten sei ziemlich laut gewesen. In der Runde erkannte sie den früheren Premierminster Islands, Sigmundur Davíð Gunnlaugsson. Und was sie zu hören bekam, veranlasste sie dazu, auf ihrem alten beschädigten Samsung Galaxy 5 die Aufnahmetaste zu drücken.
Die vier Abgeordneten der Zentrumspartei (Miðflokkurinn) inklusive ihres Vorsitzenden Sigmundur Davíð Gunnlaugsson und die beiden von Flokkur Folksins, die zum Parteiwechsel bewegt werden sollten, hatten an diesem Abend kein Blatt vor den Mund genommen und ihr Urteil über diverse Kolleginnen und deren Aussehen ebenso freigiebig mitgeteilt wie Ansichten über Behinderte und Homosexuelle. Außerdem prahlte einer mit einem von ihm eingefädelten Kuhhandel um einen Botschafter-Posten. Bára Halldórsdóttir, 42, lesbisch, an einer chronischen Gicht-Krankheit leidend und gut befreundet mit der Behinderten-Aktivistin, über die an dem Abend auch hergezogen wurde, konnte kaum glauben, was sie hörte.
Politiker beklagen Verletzung der Privatsphäre
Dass es sich genau so zugetragen hat, bezweifelten Sigmundur Davíð Gunnlaugsson und seine Parteikollegen. Sie hatten die andere Person offenbar nicht wahrgenommen und wähnten sich allein. Nun sahen sie sich in ihrer Privatsphäre verletzt, forderten vor Gericht die Herausgabe von Material aus Überwachungskameras und die Suche nach möglichen „Mittätern“.
Bára Halldórsdóttirs Anwälte verwiesen gegenüber RÚV darauf, dass es zwar verboten sei, private Gespräche mitzuschneiden. In diesem Fall habe es sich jedoch um einen öffentlichen Ort und Politiker in führender Stellung gehandelt, und es sei auch um den Botschafterposten gegangen. Deshalb sei die Aufzeichnung von öffentlichem Interesse gewesen.
Eine große Gruppe von Unterstützern war zur Gerichtsverhandlung erschienen, es gab bereits Pläne, Geld zu sammeln, falls Bára verurteilt werden sollte. Doch das Gericht beurteilte die Situation offenbar wie die Anwälte und wies die Klage ab. Einzelklagen könnten allerdings folgen. Ob die Politiker sich einen Gefallen damit tun, ist eine andere Geschichte. Die Umfragewerte der Zentrumspartei sind jedenfalls im Keller. Die beiden anderen aus der Runde wurden von ihrer Partei ausgeschlossen.
Eine umfangreiche Sammlung von Artikeln zur Klaustur-Panne, einige davon auch auf Englisch, gibt es inzwischen im Internet unter http://www.klausturgate.net/
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