Island-Wahl: Regierungsbildung wird schwierig

Island. Klare Mehrheiten gibt weder rechts noch links. Mit acht Parteien sind außerdem mehr Gruppierungen im Alþing vertreten als jemals zuvor, was die Regierungsbildung nicht einfacher macht. Das sind die ersten Erkenntnisse nach der Wahl auf Island am Sonnabend.

Bjarni Benediktsson

Bjarni Benediktsson.
Foto: Magnus Fröderberg/CC BY 2,5 dk

Heute sind laut Morgunblaðið die Parteivorsitzenden nacheinander zu Präsident Guðni Johannesson zum ersten Gespräch geladen. Es wird erwartet, dass dieser zunächst den bisherigen Premierminister Bjarni Benediktsson erneut mit der Regierungsbildung beauftragen wird, da dessen Unabhängigkeitpartei trotz Einbußen erneut stärkste Kraft geworden ist. Die inhaltlichen Unterschiede zwischen den Parteien liegen insbesondere in der Einstellung zu eine möglichen EU-Mitgliedschaft, der weiteren Einbindung in die NATO, der Steuer- und Finanzpolitik, sowie  Reformen bei Landwirtschaft und Fischerei.

Die konservative Unabhängigkeitspartei (Sjálf­stæðis­flokk­ur) von Premierminister Bjarni Benediktsson erhielt 25, 2 Prozent, was nur noch für 16 Mitglieder im Parlament reichte, 5 Sitze musste sie abgeben. Benediktsson war zuletzt wegen möglicher Insidergeschäfte in Zusammenhang mit der Finanzkrise in der Diskussion.

Der frühere Koalitionspartner Viðreisn („Reform“, Mitte-rechts) verlor fast die Hälfte seiner Sitze und erhält mit 6,7 Prozent nur noch vier Vertreter. Noch schlimmer erwischte es die vier Vertreter von Björt framtið (helle Zukunft), die aus der Koalition ausgebrochen waren und nun nicht einmal über die Fünf-Prozent-Hürde kamen.

Ein Sieger dieser Wahl ist der Ex-Premier Sigmundur Davið Gunnlaugsson. Er musste 2016 im Zuge der Panama-Papers-Enthüllungen sein Amt aufgeben und war auch bei seiner früheren Partei, Fram­sókn­ar­flokk­ur­ (Fortschrittspartei, Mitte, agrarisch) nicht mehr wohl gelitten. Das sah ein Teil der Wähler offenbar anders:  Mit seiner neuen Zentrumspartei (Miðflokk­ur­) erreichte er sogar gut 300 Stimmen mehr als die Ex-Partei mit seinem Nachfolger Sigurður Ingi Jóhannsson.

Alþingi

Der Alþing. Foto: Jóhann Heiðar Árnason/CC BY-SA 3.0

Aufgrund der unterschiedlich großen Wahlkreise erhält die Fortschrittspartei allerdings acht Sitze, das Zentrum nur sieben. Beide Parteien böten sich zwar ideologisch als Koalitionspartner für Benediktssons Unabhängigkeitspartei an, das persönliche Verhältnis der Protagonisten gilt jedoch als schwierig, meint beispielsweise Islandsbloggen. Für eine Mehrheit im Alþing mit insgesamt 63 Sitzen  reicht das auch noch nicht – Benediktsson müsste auch die Reformpartei zur weiteren Zusammenarbeit motivieren.

Zweitstärkste Partei wurden die Links-Grünen (Vinstri­ hreyf­ing­in – grænt fram­boð) unter Katrín Jakobsdóttir mit 16,9 Prozent. Sie gewannen einen Sitz dazu und haben nun 11 Mitglieder im Parlament. Potentieller Koalitionspartner wäre zum einen die sozialdemokratische Allianz (Samfylkingin), die vier Sitze dazugewonnen haben und jetzt zu siebt vertreten sind. Bei ihnen zeigt sich die ungleiche Struktur der Wahlkreise besonders krass: Obwohl sie 2636 Wähler mehr hatten als die Fortschrittspartei, erhalten sie einen Sitz weniger als diese.

Zweiter möglicher „linker“ Koalitionspartner wäre die Piratenpartei, die aber kräftig verloren hat und nur noch mit 6 Sitzen vertreten ist. Dazu dürften auch innerparteiliche Probleme beigetragen haben. Für eine Mehrheit reicht dies nicht. Dazu müsste Katrín Jakobsdóttir unter den Mitte-Parteien für Zusammenarbeit werben.

Eine Überraschung gelang der „Volkspartei“ (Flokkur Fólksins), die mit 6,9 Prozent erstmals ins Parlament einzog und vier Sitze erhielt. Sie will sich vor allem für eine bessere Unterstützung der Armen, Alten und Behinderten einsetzen. Die Prognosen hatten sie noch unter der Fünf-Prozent-Hürde gesehen.

(alle Zahlen laut mbl.is)

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