Spitzbergen. Die Mannschaft des am Freitag in der Hinlopenstraße havarierten Trawlers konnte zwar gerettet werden, doch das Schiff samt 300 000 Litern Marinediesel liegt immer noch dort – es fehlt an geeigneten Fahrzeugen vor Ort zur Bergung. Nun wird Kritik an der Notfall-Bereitschaft auf Spitzbergen laut. Darüber berichtete NRK.
Das Küstenwachschiff KV Barentshav, zur Zeit des Unglücks auf Bjørnøya, hatte sich gleich mit Ausrüstung zur Ölbekämpfung auf den Weg gemacht. Es stellte sich jedoch heraus, dass die KV Barentshav aufgrund der Eisverhältnisse nicht mehr bis zum Havaristen vordringen konnte – dafür ist sie nicht gebaut. Das Küstenwachschiff KV Svalbard, gut 100 Meter lang und mit eisverstärktem Rumpf, wäre das richtige für die Situation, lag aber zu diesem Zeitpunkt im Heimathafen in Sortland, Vesterålen, rund 1000 Kilometer entfernt. Die KV Svalbard ist vergangene Nacht in Longyearbyen eingetroffen, von dort ist es jedoch noch ein Stück bis zum Unglücksfahrzeug in der Hinlopenstraße.
Die „Northguider“ liegt immer noch beschädigt am Ufer der Insel Nordaustlandet, einem Naturreservat. Vom Helikopter aus, so meldete NRK, habe man keine Verunreinigungen durch auslaufenden Treibstoff sehen können. Doch die Gefahr bleibt bestehen. Die Umweltschutzorganisation Bellona warnte bereits vor möglichen katastrophalen Folgen für die Natur in dem sensiblen arktischen Gebiet. Und der erste Oppositionspolitiker bemängelte die schlechte Notfallbereitschaft auf Spitzbergen und will das Thema im Januar im Parlament (Storting) einbringen.
Spezialschiff liegt im Winter still
Eigentlich verfügt die Inselverwaltung (Sysselmannen) über das richtige Schiff: die 2014 in Betrieb genommene „Polarsyssel“, eisverstärkt, speziell ausgerüstet zur Bekämpfung von Ölverschmutzung, mit Helikopterdeck und Abschleppvorrichtung für andere Schiffe. Die Polarsyssel ist jedoch nur neun Monate im Jahr in Betrieb – laut NRK liegt sie aus Kostengründen drei Monate im Winter still in Ålesund.
Die 14-köpfige Mannschaft des Trawlers war mit den beiden Helikoptern des Sysselmannen von Bord gerettet worden – per Seil bei Starkwind und minus 20 Grad. Die Aktion wurde später als „an der Grenze des Machbaren“ bezeichnet: Viel länger hätten die Treibstoffvorräte nicht gereicht. Die Unglücksstelle ist etwa 200 Kilometer direkte Luftlinie von Longyearbyen entfernt.
Zuständig für den Schutz der Küste ist Kystverket. Die Behörde hat aber keine eigenen Schiffe, sondern ist auf die Küstenwache und die Inselverwaltung angewiesen. Gegenüber NRK sagt der Direktor, es gebe inzwischen auch im Winter verstärkt zivile Schifffahrt rund um Spitzbergen. Man werde die Bereitschaft anlässlich des jüngsten Vorfalles überprüfen. Er gehe davon aus, dass dies auch die Regierung in Oslo tun werde.
Kystverket hat zurzeit noch einen weiteren kniffligen Bergungsfall zu lösen: Die Fregatte KNM Helge Ingstad liegt immer noch im Hjeltefjorden auf dem Meeresgrund.
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