Norwegen/Arktis. Von der einsamen Insel bis zum Meereis: Plastikreste finden sich inzwischen überall. Viele Menschen geben sich deshalb bereits Mühe, möglichst wenig Tüten oder Wegwerfartikel zu benutzen. Nun kommt ein großer Akteur dazu: Hurtigruten hat angekündigt, so viel Plastik wie möglich zu ersetzen – vom Strohhalm bis zur Butterpackung.
„Jedes Jahr sammeln unsere Gäste und Angestellten mehrere Tonnen Plastik und Müll an den Stränden entlang der norwegischen Küste und in empfindlichen Gegenden. Wir sehen mit eigenen Augen, wie groß das Problem ist“, begründet Hurtigruten-Chef Daniel Skjeldam die Initiative der Reederei in einer Pressemitteilung. Dies gelte für sämtliche Schiffe und auch für die drei Hotels, die Hurtigruten betreibt. Dass es sich dabei nicht um „Peanuts“ handelt, macht eine Aufstellung deutlich: Rund 960 000 Einmal-Strohhalme werden bisher jährlich verbraucht, etwa 2,8 Tonnen Plastik. Etwa 390 075 Plastikbecher stehen in den Kabinen bereit, rund 5 Tonnen. Butter gibt es bisher in Einmal-Verpackung – „nur“ 826 Kilogramm, aber 826 000 Stück. Bis zum Sommer soll alles verschwinden, was nicht wirklich notwendig ist oder ersetzt werden kann. Strohhalme sind künftig aus Metall.
Plastik am Strand und im Meer
Plastikmüll steht zurzeit in norwegischen Medien besonders im Fokus. Schließlich schätzt man seine schöne Küste, und Fisch ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Doch kaum eine Woche vergeht ohne neue Hiobsbotschaften. Das sind zum einen abgelegene Inseln, wo grober Müll selbst hartgesottene Fachleute schockiert. Immer wieder werden bei öffentlichen oder privaten Aktionen Strände gesäubert. Am 5. Mai ist landesweiter „Strandryddedagen„.
Neben gewöhnlichem Müll, der von Land weggeweht oder auf See über Bord gegangen ist, stoßen die Sammler auch immer wieder auf Reste von Fischereiausrüstung. Berufsfischer müssen verlorenes Gerät melden. Auch Hobbyfischer werden dazu angehalten. Die Fischereibehörde entfernt solche „Geisternetze“ einmal jährlich. Laut NRK waren dies im vergangenen Jahr 850 Netze und 44 Kilometer Leinen. Auch die Organisation Project Baseline ist in Norwegen aktiv – Taucher, die freiwillig solche Geisternetze entfernen. Denn verlassene Fischernetze sind nicht nur Müll. Darin sterben auch Tiere, ohne dass irgendjemand einen Nutzen davon hat.
Mikroplastik im Meer und im Eis
Doch es gibt auch das Plastik, das nicht mit bloßem Auge zu erkennen ist: Zuletzt war es ein Wissenschaftler des Meeresforschungsinstitutes (Havforskningsinstituttet) in Tromsø, der Alarm rief. Er hatte wegen einer ganz anderen Sache Proben von Fischeiern im Repparfjorden in Nordnorwegen genommen – 25 Prozent davon enthielten Fasern aus Mikroplastik.
Und selbst im arktischen Meereis befindet sich inzwischen Mikroplastik. Eine Studie des deutschen Alfred-Wegener-Institutes mit Proben von 2014 und 2015, gerade in Nature Communications veröffentlicht, zeigt, dass das Problem noch viel größer ist als bisher vermutet. Pro Liter Meereis zählten die Forscher über 12 000 Mikroplastikteilchen. Mehr als die Hälfte davon waren so winzig, dass sie später von arktischen Kleinstlebewesen gefressen werden könnten und so in der Nahrungskette landen. Aufgrund der polaren Eisdrift landet das meiste irgendwann vor Nordostgrönland und schmilzt. Insgesamt wurden 17 verschiedene Kunststofftypen nachgewiesen – neben Polyethylenen (Verpackungsmüll) und Nylon (Abrieb von Fischernetzen) auch Zelluloseazetat – ein Bestandteil von Zigarettenfiltern.
Was gar nicht erst erzeugt wird, kann auch nicht irgendwann im Meer landen. Der Verzicht auf Plastik, soweit möglich, ist deshalb die wirkungsvollste Maßnahme. In Deutschland rief vor kurzem der BUND zum Plastikfasten auf – auch andere Organisationen wie Greenpeace geben Tipps zur Vermeidung von Plastik und Mikroplastik.
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