Reykjavík (Island). Der Arktische Rat bleibt ein Gremium, in dem man zivil miteinander umgeht, Kooperation sucht und auf Konsens setzt – jedenfalls verlief so das Ministertreffen in Reykjavík. Der Vorsitz ist nun von Island auf Russland übergegangen.
Island bekam von allen Seiten Lob für seinen Vorsitz. Es wurden trotz Pandemie zahlreiche Projekte durchgeführt, unter anderem zur Verschmutzung der Meere mit Mikroplastik und zu Black Carbon – dann eben virtuell. Zum 25-jährigen Bestehen des Gremiums gibt es nun auch erstmals einen strategischen Plan mit längerfristigen Zielen bis 2030 für die Arktis, der von den Ministern angenommen wurde: mehr Schutz für Umwelt und Klima, eine nachhaltige soziale und ökonomische Entwicklung für die arktischen Gebiete, mehr Forschung, aber auch Austausch von traditionellem Wissen und eine Stärkung des Gremiums an sich. Sämtliche Teilnehmer betonten in kurzen Statements den Willen zur Kooperation – auch der neue US-amerikanische Außenminister Antony Blinken. Es wurde deutlich, dass die neue US-Regierung im Arktischen Rat anders auftreten will, als es Mike Pompeo in Rovaniemi 2019 tat. Alle acht Außenminister unterschrieben die elfseitige Abschlusserklärung (Reykjavík Declaration).
Arktischer Rat an Bedeutung gewachsen
Als der Arktische Rat vor 25 Jahre gegründet wurde, war der Kalte Krieg gerade überwunden. Vom Klimawandel hatte man schon gehört, aber für die meisten klang es noch nicht so dringend. Das Gremium ist nun damit konfrontiert, dass der Klimawandel in der Arktis noch schneller geht als anderswo, und dass die alten Blockgrenzen doch wieder in Kraft zu sein scheinen. Die Bedeutung dieses Gremiums steigt damit, was sich auch darin zeigt, dass diesmal alle acht Außenminister persönlich anwesend waren – das war früher nicht immer der Fall. Es bot am Rande die Chance zur informellen Begegnung, was auch reichlich genutzt wurde. So soll das Treffen zwischen Blinken und seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow fast zwei Stunden gedauert haben.
Lawrow wünscht Ausweitung des Austauschs auf militärischen Bereich
Zumindest Lawrow wünscht sich auch eine noch stärkere Rolle des Arktischen Rates und würde den Austausch gerne in gewissem Rahmen auf den militärischen Bereich ausweiten. Einen Austausch zwischen den Chefs der Streitkräfte der arktischen Länder hatte es sogar schon einmal gegeben, unter anderem mit Blick auf die Seenotrettung. Derartiger Austausch mit Russland wurde jedoch 2014 nach dem Krim-Konflikt eingestellt. Bisher sieht es nicht so aus, als würde sich daran etwas ändern.
Weiterhin unterschiedliche Interessen
Der zivile Ton und die Beschwörungen des Friedens beim Ministertreffens in Reykjavík können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es unterschiedliche Interessen in der Arktis gibt. Das wurde nicht zuletzt in der Pressekonferenz deutlich, in der Lawrow nach seiner Kritik an Norwegen gefragt wurde und diese wiederholte – Norwegen gebe der NATO und den USA immer mehr Raum direkt an Russlands Grenze. Doch vielleicht kann der Arktische Rat – aufgrund seines traditionell zivilen Tonfalls, seines Konsensprinzips und seiner Zusammensetzung – das notwendige Forum sein, das eine Eskalation verhindert.
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