Bibliothek findet unbekannte antike Manuskripte im eigenen Haus

Island. Die isländische Nationalbibliothek hat in ihren eigenen Beständen einen bisher übersehenen Schatz entdeckt: vier einzigartige antike, ausländische Manuskripte, die vor rund 120 Jahren mit dem Nachlass des US-amerikanischen Sammlers Willard Fiske nach Island kamen. Vieles an diesen Funden ist noch rätselhaft – aber sie können nun in einer Vitrine besichtigt und auch online angesehen werden. Das teilte die Bibliothek selbst mit.

das Stundenbuch

Blick in das Stundenbuch. Foto Landsbókasafn

Willard Fiske (1831–1904) spendete schon zu Lebzeiten mehr als 1500 Bücher an die Isländische Nationalbibliothek (Landsbókasafn). In seinem Testament vermachte er Island weitere 2500 Exemplare, viele davon selten und wertvoll. Die Kisten kamen bald nach seinem Tod in Reykjavík an, wurden aber erst ausgepackt, nachdem die Bibliothek 1908 in ein neues Gebäude gezogen war. Warum die vier Manuskripte damals übersehen wurden, ist unklar. Heute sind sie eine Sensation, erst recht auf Island. Denn alle vier kommen eigentlich von weiter südlich. Möglicherweise habe Fiske einige der Bücher auf seinen Reisen nach Ägypten erhalten, so die Vermutung der Bibliothek.

Vier antike, ausländische Manuskripte

Das sind die Bücher, jeweils unter dem Kürzel digitalisiert bei handrit.is zu finden. Alle Manuskripte sind außerdem aufwendig illustriert:

  • Ein Stundenbuch (katholisches Gebetsbuch) auf Pergament, 69 Blätter, vermutlich aus dem 15. oder 16. Jahrhundert, geschrieben in Latein. Eingebunden in Leder, der Einband ist jünger. Es gibt keine Hinweise auf Urheber oder Eigentümer, aber Bücher dieser Art gab es damals in Europa, insbesondere in den Niederlanden (Lbs 5336 8vo).
  • Gedichtsammlung (Diwan) von Münirî Amâsî , aufgeschrieben vermutlich im 16. oder 17. Jahrhundert, 146 Blätter, Türkisch in arabischen Schriftzeichen, aus der Tradition der Ottomanen. Es sind zurzeit nur drei Exemplare dieser Gedichtsammlung bekannt, sie befinden sich im Vatikan, in Istanbul und in Wien. Das Papier hat eine andere Qualität, als man es von isländischem oder europäischem Papier zu der Zeit gewohnt ist (Lbs 5337 8vo).
  • Tuhfe-i Şâhidî, ein poetisches türkisch-persisches Wörterbuch, zusammengestellt von dem Gelehrten İbrahim Şâhidî (1470–1550) in den Jahren 1514-1515. 28 Blätter, aufgeschrieben vermutlich im 17. Jahrhundert. Tuhfe-i Şâhidî, Geschenk des Şâhidî, ist sehr bekannt und in vielen Manuskripten erhalten. Auch dieses Papier ist anders als gewohnt (Lbs 5338 8vo).
  • Evangelium auf Armenisch, 182 Blätter, in Leder gebunden, fertiggestellt 1682. Der erste Teil wurde von Petros Dpir aufgeschrieben, nach dessen Tod übernahm der Priester Kirakos die Fertigstellung (Lbs 5339 8vo).

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