Außenminister Pele Broberg provoziert mit Debatte um „Grönländer“

Grönland. Wer ist eigentlich Grönländer und darf über die Unabhängigkeit des Landes abstimmen? Grönlands Außen- und Wirtschaftsminister Pele Broberg will darüber eine Debatte – und hat erst einmal für Diskussion gesorgt mit einer Äußerung, die scheinbar Grönländer in Inuit und Nicht-Inuit spaltet. Darüber berichteten Sermitsiaq und KNR.

Pele Broberg

Pele Broberg. Quelle Wikimedia, gemeinfrei (Ausschnitt)

Pele Broberg gehört Partii Naleraq an, die gerne so schnell wie möglich das Band mit Dänemark kappen will. In einem Interview mit Berlingske (hinter Bezahlschranke) äußerte er, er wolle den Begriff „Rigsfællesskab“ (ungefähr: Staatengemeinschaft) nicht mehr benutzen. Damit wird häufig das Königreich Dänemark inklusive der autonomen Gebiete Grönland und Färöer bezeichnet. Für Broberg ist es jedoch ein irreführender Begriff. Grönland sei eine ehemalige dänische Kolonie, daher stamme die Verbindung. Grönland sei kein natürlicher Teil Dänemarks. Broberg bevorzugt den Begriff „det danske rige“, „der Staat Dänemark“, denn dieser zeige, wer die Macht habe.

Wer darf über Selbständigkeit diskutieren?

Noch mehr als diese Äußerung rief ein anderer Teil des Interviews Reaktionen hervor. So äußerte Broberg, es müsse klar sein, dass  „Thailänder, Dänen, Engländer, Franzosen Spanier und wer auch immer in Grönland wohne“, keinen Anspruch darauf hätten, bei der Frage der Selbstständigkeit mitzureden. „Es sind die Inuit. Was man als Zugezogener fühlt und meint, hat keine Bedeutung für diese Abstimmungsdebatte.“ Brobergs Ausführungen wurden von  vielen so verstanden, dass er ein Stimmrecht aufgrund ethnischer Zugehörigkeit einführen wolle. Broberg selbst sagt, die Äußerung sei aus dem Zusammenhang gerissen worden. Zu Sermitsiaq sagte er, er habe sich nie zum Richter darüber gemacht, wer über die Selbstständigkeit abstimmen solle oder wer die grönländische Bevölkerung sei. Darüber habe das Inatsisartut (das grönländische Parlament) und die Verfassungskommission zu entscheiden.

Es ist allerdings nicht das erste Mal, das Broberg dieses Thema aufbringt – schon im Herbst 2020, als er noch nicht Minister war, regte er eine Diskussion dazu an. Es sei nicht klar, wer sich Grönländer nennen könne.

Widerspruch vom Regierungschef

Múte B Egede

Múte B. Egede. Foto Inuit Ataqatigiit

Grönlands Premierminister Múte B. Egede von  der Partei Inuit Ataqatigiit (IA) sah sich dazu veranlasst, klarzustellen, dass dies nicht Haltung der grönländischen Regierung (Naalakkersuisut) sei. Alle Bürger Grönlands hätten die gleichen Rechte. Die Regierung arbeite für die Bürger in Grönland, und in der Regierung sei man überzeugt davon, dass Vielfalt eine Stärke sei, und dies solle und dürfe nicht zu einer Spaltung der grönländischen Gesellschaft führen.

Múte B. Egede ist für eine Mehrheit im Parlament auf die vier Stimmen von Partii Naleraq angewiesen. Einig sind sich IA und Naleraq unter anderem darin, dass sie grundsätzlich die Selbständigkeit wollen und nicht die Mine in Kuannersuit. In den Methoden und Prioritäten unterscheiden sie sich allerdings.

Stimmrecht in Grönland hat heute jeder, der über 18 ist, die dänische Staatsbürgerschaft hat sowie seit mindestens sechs Monaten einen festen Wohnsitz in Grönland. Bei der Kommunalwahl dürfen auch Ausländer mitstimmen, die mindestens drei Jahre ihren festen Wohnsitz innerhalb der Rigsfællesskab hatten. Laut Sermitsiaq lebten am 1. Juli 56 653 Menschen in Grönland, von denen 6158 nicht dort geboren sind.

Früherer Artikel zum Thema: Mehr Macht für Grönland im Arktischen Rat

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