Angriff auf Minister-Haus war fingiert – dessen Lebensgefährtin verurteilt

Norwegen. Hat das antirassistische Stück „Ways of Seeing“ des Black Box Theaters in Oslo Hass geschürt? Es gab Drohbriefe, Schmierereien und kleinere Brandanschläge gegen das Haus des damaligen norwegischen Justizministers Tor Mikkel Wara von der rechten Fremskrittspartiet. Diese Attacken, so sah es nun gestern einstimmig Oslo Tingsrett, hatte dessen Lebensgefährtin fingiert. Laila Bertheussen wurde zu einem Jahr und acht Monaten Haft wegen „Angriffs auf die Arbeit der höchsten Staatsorgane“ verurteilt.

Gesetze Norwegens

Das Urteil im Fall Bertheussen ist gefallen. Foto Mimsy Møller / Samfoto, CC

Das Theaterstück „Ways of Seeing“ hatte im November 2018 Premiere. Das Theater schreibt dazu selbst, das Team habe die Netzwerke derer kartiert, die daran interessiert seien, Norwegen zu einer rassistischeren Gesellschaft zu machen.  Umstritten war das Theaterstück vor allem, weil darin Filmaufnahmen der Hausfassaden des damaligen Frp-Ministers Wara und des Frp-Paars Tybring-Gjedde gezeigt wurden. Ingvil Smines Tybring-Gjedde war damals Bereitschaftsministerin, ihr Mann Christian ist Frp-Abgeordneter im Storting.  Wie sich später allerdings herausstellte, wohnten die Tybring-Gjeddes gar nicht im gezeigten Haus, nur ein Verwandter. Dies sollte noch eine Rolle spielen.

Schmierereien, Brände und Drohbriefe

Das Haus von Wara und Bertheussen wurde mit dem Wort „rasisit“ beschmiert, das Auto mit Hakenkreuz und „rasist“. Es wurde im Mülleimer und am Auto Feuer gelegt. Drohbriefe gingen sowohl an die Adresse Wara/Bertheussen als auch an die Privatadresse der Tybring-Gjeddes, die nicht öffentlich ist. Laila Bertheussen kannte sie allerdings, denn die Paare waren befreundet. 

Laila Bertheussen hatte sich von Anfang an über das Stück empört und hatte auch versucht, gerichtlich gegen die Filmsequenz vorzugehen. Sie filmte persönlich eine ganze Vorstellung und versuchte auf vielfache Weise, die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen. Sie und die Tybring-Gjeddes protestierten dagegen, mit Bildern der Privathäuser als Rassisten an den Pranger gestellt zu werden.

Zahlreiche Indizien gegen Laila Bertheussen

Auch nach den ersten Attacken hatte Bertheussen allerdings eine volle Überwachung des Hauses abgelehnt. Tor Mikkel Wara legte sein Amt nieder, als die Polizei öffentlich machte, dass gegen Bertheussen ermittelt wird. Die Gerichtsverhandlung gegen Bertheussen begann im September 2020. Die Indizien gegen Bertheussen waren erdrückend. Die Kriminalpolizei hatte Briefmarkenserien, Tinte und Drucker verglichen und belastende Materialien im Haus gefunden. Auch die Aufzeichnungen von Bertheussens Fitnessuhr gehörten zu den Indizien. Bertheussens Erklärungen konnten weder das Gericht noch die anwesenden Reporter überzeugen. Tor Mikkel Wara steht nun außerdem im Verdacht, in einem Fall die Unwahrheit gesagt zu haben, um ihr zu helfen.

„Angriff auf die Arbeit der höchsten Staatsorgane“

Verurteilt wurde Laila Bertheussen nach § 115 des norwegischen Strafgesetzbuches, „Angriff auf die Arbeit der höchsten Staatsorgane“ – dazu gehören unter anderem Mitglieder der Regierung und Parlamentsabgeordnete. Freigesprochen wurde sie lediglich dafür, eine strafbare Handlung erfunden zu haben. Denn die strafbaren Handlungen, die Attacken auf das Haus des Justizministers sowie die Drohung gegen das Ministerin/Abgeordneter-Paar Tybring-Gjedde hatten ja tatsächlich stattgefunden – durch sie. Daran hatte das Gericht keinen Zweifel und begründete dies auf 125 Seiten. Damit sollte das Theater diskreditiert werden. Laila Bertheussen hat bereits Berufung gegen das Urteil eingelegt. (Quellen: NRK, VG)

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