Wird Schwedens Premier Stefan Löfvén heute abgewählt?

Schweden. Der schwedische Premierminister Stefan Löfvén muss sich heute um 10 Uhr einem Misstrauensvotum stellen – und bis jetzt sieht alles danach aus, als gäbe es tatsächlich eine Mehrheit gegen ihn. Auslöser der Regierungskrise ist, dass die Linkspartei, die ihm einst ins Amt verholfen hat, ein Gesetzesvorhaben zur Mietpreisgestaltung stoppen will. Die Oppositionspartien haben angekündigt, dass sie ebenfalls gegen Löfvén stimmen werden.

Stefan Löfven

Schwedens Premierminister Stefan Löfven. Foto Kristian Pohl/ Regeringskansliet

Dass es so weit kommen konnte, hat eine lange Vorgeschichte – und der Keim für den aktuellen Zwist wurde bereits bei den Regierungsverhandlungen 2018/2019 gelegt. Stefans Löfvéns Minderheitsregierung aus Sozialdemokraten und Umweltpartei/Die Grünen wird von zwei liberalen Parteien gestützt, die früher zum Block der bürgerlichen Allianz gehörten. Die vier Allianz-Parteien hätten aber keine eigene Mehrheit gehabt, sondern hätten sich von den nationalistischen Schwedendemokraten stützen lassen müssen. Das wollten weder die liberale Zentrumspartei ( 8,6 Prozent) noch die „Liberalen“ (5,5 Prozent). Sie stützten deshalb Löfvén, nachdem sie sich im „Januarabkommen“ auf 73 Punkte geeinigt hatten. Einer davon war die Forderung der liberalen Parteien nach freier Mietpreissetzung für Neubauten, um den es jetzt geht. Es liegt zwar noch kein neuer Gesetzesvorschlag vor, aber es gab bereits eine Untersuchung zum Thema. Und Löfvén hat bisher keinen Zweifel daran gelassen, dass er gedenkt, die verabredeten Punkte zu erfüllen.

Kein Einfluss für Linkspartei im Januar-Abkommen — aber Unterstützung erwünscht

Allein mit den Stimmen der eigenen Partei (28,4 Prozent), der Umweltpartei (4,3 Prozent) und den Enthaltungen der beiden liberalen Stützparteien hätte Löfvén aber nicht Premierminister werden können.  Er brauchte auch noch die Stimmen bzw. Enthaltungen der Linkspartei (7,9 Prozent). Im schwedischen System ist nur wichtig, dass es nicht mehr als die Hälfte Nein-Stimmen gibt. Die Linkspartei sollte nach dem Willen der liberalen Parteien (konkret: dem damaligen liberalen Vorsitzenden) allerdings keinen inhaltlichen Einfluss auf die Regierung haben. Löfvén gelang es damals, die Linkspartei trotzdem für sich zu gewinnen. Der damalige Linkspartei-Vorsitzende Jonas Sjöstedt drohte allerdings damit, sollte Löfvén versuchen,  „Marktmieten“ einzuführen oder den Schutz für Angestellte aufzuweichen – zwei dieser 73 Punkte – werde man ihm die Unterstützung entziehen.

Drohung wird umgesetzt

Nooshi Dadgostar

Nooshi Dadgostar, Vorsitzende der schwedischen Linkspartei. Foto Riksdag

Nach den bisherigen Schritten der Regierung in Sachen Mietpreise setzte Sjöstedts Nachfolgerin Nooshi Dadgostar nun die damalige Drohung um. Vergangene Woche stellte sie Löfvén ein Ultimatum. Eine Last-Minute-Aktion des Innenministers – man werde den Mieterverein zum Gespräch einladen – erfüllte nicht Dadgostars Bedingungen. Der Mieterverein spielte bisher eine wichtige Rolle in der Mietpreisfestsetzung, für die Neubauten sollte das aber nicht mehr gelten. Die Befürchtung der Linkspartei ist, dass die Mieten dann insgesamt steigen.

Die Linkspartei hätte allein nicht ausreichend Stimmen gehabt, ein Misstrauensvotum zu beantragen. Die Schwedendemokraten (17,6 Prozent) nutzen die Chance – zum einen sind sie gegen Löfvén, zum anderen gegen eine Veränderung der bisherigen Mietpreisfindung – und beantragten selbst eine solche Abstimmung. Die beiden konservativen Parteien, Christdemokraten und Moderate, haben erklärt, dass sie ebenfalls gegen Löfvén stimmen werden, auch wenn sie „mehr Markt“ bei den Mietpreisen eigentlich gut finden.

Bei seinen Verhandlungen am Wochenende hatte Löfvén die Kuh nicht vom Eis holen können. Dadgostar sagte gestern Abend in Agenda, der Premierminister habe den Auftrag, eine Mehrheit für seine Regierung zu finden. Ihre Partei verlange lediglich die Streichung eines Punktes – das sei nicht viel.

Was kommt nach dem Misstrauensvotum?

Verliert Stefan Löfvén die Abstimmung, kann er zurücktreten – doch in der aktuellen Konstellation wird es keine Mehrheit für jemanden anderen geben. Er könnte auch Extrawahlen ausrufen. Ob die Regierungsbildung danach leichter fiele, ist unklar. Diese Regierung wäre auch nur kurz im Amt, denn das schwedische System sieht feste Wahltermine vor. Die nächste reguläre Wahl liegt 2022 an.

Früherer Artikel zur Regierungsbildung:

Stefan Löfven ist erneut Schwedens Ministerpräsident

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