Wenn der Damm bricht – Notfallplan für die Katastrophe am Luleälven

Schweden. Die Hochwasserkatastrophe in Deutschland, Belgien und den Niederlanden wurde auch im hohen Norden aufmerksam verfolgt. Die norrbottnische Regionalzeitung NSD nutzte die Chance, um an die Evakuierungspläne zu erinnern, falls das eintritt, was vermutlich Norrbottens größtmögliche Katastrophe wäre: ein Bruch des Suorva-Staudamms. Damit würde das gesamte Flusstal des Luleälven mehrere Meter unter Wasser gesetzt.

Suorvadamm

Suorvadamm, von oben gesehen

Der Sourvadamm ist nicht der größte Schwedens, mit „nur“ 67 Metern. Aber er staut ein Areal auf, in dem sich fast sechs Kubikkilometer Wasser sammeln können. Das Reservoir nahe der norwegischen Grenze ist das leistungsfähigste Schwedens und ein wichtiger Bestandteil des Energiemixes. Insgesamt gibt es 15 Kraftwerke am Luleälv. Bricht der Sourvadamm, halten auch die anderen flussabwärts nicht mehr. Die Anwohner des mehr als 400 Kilometer langen Flusstals können nur noch flüchten. Mit Luleå und Boden liegen zwei der größten Ortschaften Norrbottens am Luleälv.

„Geringes Risiko, aber nicht ausgeschlossen“

„Das Risiko für einen Dammbruch ist sehr gering, es kann aber nicht komplett ausgeschlossen werden“, so heißt es in der offiziellen Information für die Einwohner. Der Chef der Rettungskräfte in Luleå berichtet dem NSD, es gebe verschiedene Szenarien zu den einzelnen Dämmen. Diese Unterlagen sind nicht öffentlich – sie wären das perfekte Handbuch für Terroristen. Schriftsteller habe stattdessen ihre Fantasie benutzt. Lars Wilhelm Svonni ließ 2005 Suorva durch einen Terroranschlag brechen. Mikael Niemi ließ es einfach viel regnen. „Fallvatten“ erschien 2012. Ein Klimatologe prognostizierte gegenüber SVT für Norrbotten 20 bis 40 Prozent mehr Regen inklusive Hochwassergefahr bis zum Ende des Jahrhunderts.

Thema Dammsicherheit

Dammsicherheit war allerdings schon in den vergangenen Jahren ein Thema in ganz Schweden. Der höchste Staudamm ist Trängsletdammen mit 125 Metern in Älvdalen, Dalarna. Dahinter stehen bis 0,88 Kubikkilometer Wasser. Etwa 15 000 Menschen müssten bei einem Dammbruch evakuiert werden. Der Damm wird gerade verstärkt und erhält bessere Ablaufmöglichkeiten, um im Notfall mehr ablassen zu können.

In 24 Stunden ist das Wasser an der Küste

Alte Gäddvikbrücke

Die alte Gäddvikbrücke ist eine von drei Brücken in Luleå. Direkt daneben verläuft die E4-Brücke.

Vom Suorvadamm bis zur Küste braucht das Wasser nach den Berechnungen etwa 24 Stunden, danach steigt es noch weitere 12 Stunden. Wohin mit mehr als 40 000 Einwohnern aus dem Zentralort Luleå, etwa 20 000 aus Boden und all den anderen aus den kleineren Orten, wo das Wasser noch früher ankommt? Geregelt ist, dass Luleå über die E4 nach Süden evakuiert und Boden nach Norden. Jeder Ortsteil hat dabei seinen festen Empfangsort, zwischen Kalix und Umeå. Die rechtzeitige Warnung ist hier alles, denn die Brücken werden durch das Hochwasser voraussichtlich zerstört – wie auch das Stromnetz, Wasserversorgung und Telefon.

Was machen 15 Staudämme mit einem Fluss, und welche Folgen hatte das für die Menschen? Ich habe zwei Jahre nahe dem Luleälv gewohnt und bin ihn im Frühjahr 2020 hinaufgefahren bis Suorva und darüber hinaus. Die Geschichte:

Luleälven – Leben an der fließenden Batterie

und weil dann noch Fragen übrig waren:

Ritsem Revisited: Wo die Menschen kommen und gehen

 

 

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