Schweden/Norwegen. Das schwedische Saarivuoma Sameby hat das Recht, seine Rentiere auf seine früheren Weideflächen in Norwegen am Altevatnet zu schicken. Denn so wurde es jahrhundertelang praktiziert und bei der Grenzziehung 1751 festgelegt. Ein norwegisches Gesetz allein kann das nicht ändern. Das entschied nun das norwegische Oberste Gericht. Darüber berichteten SVT und NRK. Damit ist ein jahrelanger Rechtsstreit entschieden, auch wenn damit noch nicht alle Konflikte vor Ort beseitigt sein werden.
Zum Hintergrund: Als sich die samische Rentierwirtschaft entwickelte, gab es im hohen Norden weder Staaten noch Grenzen. Man folgte den Bedürfnissen der Tiere. Als Schweden und Norwegen 1751 die Grenze zwischen ihren Ländern festlegten, wurden die Rechte der Samen auf grenzüberschreitende Weideflächennutzung im sogenannten „lappkodicill“ festgelegt. Eine dieser Rentierhaltergemeinschaften, die traditionell auf beiden Seiten unterwegs waren, ist Saarivuoma (samisch Sárevuopmi) Sameby mit Winterweide in Schweden nördlich vom heutigen Kiruna und Frühjahrs-, Sommer- und Herbstweide im Fjell auf der norwegischen Seite (Kommunen Bardu/Målselv).
Immer weniger Raum für Rentiere
Später schrumpfte der Raum für die Rentierhaltung auf beiden Seiten allerdings immer mehr – neue Nutzungen des Landes wie Bergbau, Siedlungen oder Energieerzeugung nahmen immer mehr Raum ein. Auch Saarivuoma musste sich mit weniger beschränken. Als durch die Aufstauung des Altevatnet Flächen verloren gingen, erhielt das schwedische Sameby vom höchsten norwegischen Gericht 1968 sogar eine Entschädigung zugesprochen – eine Anerkennung ihrer Rechte.
Neue Konvention 1972
1972 einigten sich dann der norwegische und der schwedische Staat auf eine neue Konvention zur grenzüberschreitenden Weideflächennutzung. Saarivuoma wirft dem schwedischen Staat heute vor, damals nicht genug auf die Interessen der eigenen Leute geachtet zu haben: Trotz der Altevatnet-Entschädigung pochte der schwedische Staat nicht stärker auf die Rechte von Saarivuoma in Norwegen, und sie erhielten nur noch Zugang zu einem Teil ihrer früheren Flächen. Diese Konvention lief 2005 aus. Die beiden Staaten hatten sich nicht auf eine Nachfolgeregelung einigen können. Norwegen verabschiedete deshalb einseitig ein Nachfolgegesetz. Beide Staaten hatten inzwischen aber die Rechte der Samen als Urvolk offiziell anerkannt.
Klage gegen Norwegen
Nach Auslaufen der Konvention 2005 begann Saarivuoma Sameby, die alten Flächen wieder zu nutzen, weil sie besser zum Rhythmus der Tiere passten, und markierte dort auch wieder die Kälber. In einer Studie der Universität Umeå wird beschrieben, dass sowohl die örtliche Bevölkerung als auch die Behörden Schwierigkeiten machten und es zu Schikanen kam. Saarivuoma berief sich auf sein traditionelles Recht an diesen Flächen als Urvolk und auf den Lappkodicill – und klagte schließlich gegen den norwegischen Staat für sein Recht. Die ersten beiden Instanzen gingen verloren – doch das Oberste Gericht gab Saarivuoma nun recht.
Rechte von Hjerttind Reinbeitesdistrikt nicht berührt
Saarivuoma bekommt allerdings nicht das alleinige Recht vor Ort. Im Winter, wenn Saarivuomas Tiere auf der schwedischen Seite sind, nutzt der norwegische Reinbeitesdistrikt Hjerttind die umstrittenen Flächen seit 50 Jahren als Winterweide. Hjerttind war nicht an den Verhandlungen beteiligt. Seine Rechte dort bleiben erhalten.
Hintergrund: Sápmi – das Land der Samen und Rentiere
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Und darüber, wie die Staaten Norwegen, Schweden, Finnland und Russland die indigene Bevölkerung Nordeuropas behandeln, das Land ausbeuten.
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