Ittoqqortoormiit (Grönland). Ittoqqortoormiit in Nordostgrönland ist weit entfernt von schmutziger Industrie. Trotzdem haben die Einwohner extrem hohe Werte von gesundheitsschädlichen PFAS im Blut, zeigt nun eine neue Studie der Universität Aarhus, die in The Lancet Planetary Health erschienen ist. Denn ihre traditionelle Ernährung besteht aus Tieren, in denen sich die der giftige Chemiecocktail angereichert hat.
Zu PFAS (Perfluoroalkyl substances) gehört eine große Gruppe von Chemikalien, die sich nicht abbauen, sondern immer weiter in der Natur anreichern. Sie werden von der Industrie aufgrund bestimmter erwünschter Eigenschaften eingesetzt, viele davon stehen aber in Verdacht, krebserregend oder in anderer Weise gesundheitsschädlich zu sein. Einige sind bereits verboten oder werden es demnächst in der EU, doch es handelt sich um eine große Gruppe. Eine bekannte Verwendung ist PFAS in Feuerlöschschaum. Besonders betroffen davon sind Plätze, auf denen häufiger Brandschutzübungen stattfanden, zum Beispiel im schwedischen Rönneby, wo es ins Trinkwasser gelangte, oder bei Longyearbyen, wo sich das Gelände des Pferdehofs als verseucht erwies.
Keine direkte Verschmutzung – trotzdem PFAS-„Spitze“
Diese direkte Verschmutzung gibt es in Ittoqqortoormiit nicht. Und trotzdem haben die Jäger aus Nordostgrönland und ihre Familien extrem hohe PFAS-Werte im Blut. Für die Studie wurden 22 Erwachsene aus Ittoqqortoormiit zufällig ausgewählt und ihr Blut getestet, was 5 % der Bevölkerung des Ortes entspricht. Die Personen stammten zur Hälfte aus Familien, die sich noch voll von der Jagd ernähren, bei den anderen wurde die Jagd nebenberuflich betrieben. Jeweils sieben aus jeder Gruppe beantworteten außerdem noch detailliertere Fragen zur Ernährung. Die Forscher nahmen auch Proben an der Jagdbeute selbst. Es zeigte sich, dass das PFAS hauptsächlich von den Eisbären und den Ringelrobben stammte. Andere Robben, Seevögel oder Moschusochsen, waren zwar auch wichtig für die Ernährung, spielten aber für die PFAS-Aufnahme keine große Rolle.
Grönland hat den höchsten Landesdurchschnitt an PFAS weltweit
Bei einem weltweiten Vergleich von vier zentralen PFAS- Stoffen hatte Grönland den höchsten Durchschnittswert in der Bevölkerung überhaupt, Ittoqqortoormiit allein aber noch fünfmal mehr. Auch die Färöer und Dänemark liegen übrigens deutlich höher als der Rest der Welt im Landesdurchschnitt.
Für den grönländischen Arzt und Wissenschaftler Gert Mulvad ist die Lösung nicht, dass die Ostgrönländer nun auf ihre traditionelle Ernährung verzichten. Die grönländische Kost sei auch gut für die Seele, sagte er zu KNR. Er plädiert für ein Verbot dieser Stoffe: „Es ist ein Problem für die ganze Welt, wenn wir unsere Umwelt so verschmutzen, dass unsere Nahrung nicht mehr essbar ist.“
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