Notfall auf einem Kreuzfahrtschiff in der Barentssee – wer hilft?

Kirkenes. Feuer an Bord eines Kreuzfahrtschiffes mit 1000 Passagieren in der Barentssee – nicht unwahrscheinlich angesichts des zunehmenden Tourismus in der Arktis. Um für solche Fälle vorbereitet zu sein, üben norwegische und russische Rettungskräfte jedes Jahr gemeinsam. Darüber berichteten nun High North News und der Barents Observer.

Barentssee

Unterwegs in der Barentssee.

Vergangenes Jahr legte die MSC Preziosa mit rund 3500 Passagieren in Longyearbyen (Spitzbergen) an. Andere Veranstalter haben die fast unbewohnte russische Inselgruppe Franz-Josef-Land entdeckt – die Schiffe, die dort hin fahren, sind allerdings deutlich kleiner. Und außer dem bekannten russischen Atomeisbrecher 50 Let Pobedy (50 лет Победы) soll demnächst auch ein französisches Luxusschiff zum Nordpol fahren. Was, wenn ein Notfall eintritt?

Das Szenario mit dem Feuer auf dem Kreuzfahrschiff ist zunächst die diesjährige Trockenübung: Rund 80 Akteure mit verschiedenen Funktionen in der Rettungskette sowohl aus Nordnorwegen als auch aus Nordwestrussland treffen sich zurzeit in Kirkenes, um anhand des Beispiels den möglichen Ablauf zu klären. Ende Mai soll dies dann laut Barents Observer auch wieder in einer praktischen Übung umgesetzt werden. Im vergangenen Jahr waren erstmals auch Schiffe der russischen Nordflotte dabei, auch diesmal wird sie sich beteiligen.

Unglücksort des Szenarios ist noch nicht 80 Grad Nord, sondern „nur“ der äußere Varangerfjord auf der Grenze der beiden Länder – aber das ist angesichts der vielen Menschen schon Herausforderung genug. Wer leitet den Einsatz? Welche Fahrzeuge und Hubschrauber stehen zur Verfügung? Wohin mit Verletzten? Nur einige der Fragen, die geklärt werden müssen.

Hybrid-Eisbrecher

Ponant Icebraker soll zum Nordpol.
Zeichnung Stirling Design International

Seit 1995 üben norwegische und russische Einsatzkräfte zusammen. Dies habe sich bereits ausgezahlt, beispielsweise für zwölf russische Seeleute – daran erinnerte Bent-Ove Jamtli, Abteilungsleiter bei der Hauptrettungszentrale in Nordnorwegen gegenüber High North News. Ihr Holzfrachter war 2007 im Sturm vor der (russischen) Fischerhalbinsel gestrandet und drohte  zerschlagen zu werden. Weil der Hubschrauber aus Murmansk wegen des Sturms nicht starten konnte, wurden die Norweger um Hilfe gebeten. Ein Sea King- Hubschrauber vom Stützpunkt Banak (Lakselv) nahm die Seeleute auf, kurz bevor ihr Schiff zu Kleinholz wurde. Dies sei nur möglich gewesen, weil sie aufgrund der jährlichen Übungen überzeugt gewesen seien, dass der Rettungshubschrauber auch auf russischem Gebiet sicher und gut koordiniert lebensrettende Einsätze durchführen könne, wird Jamtli von High North News zitiert.

Der äußere Varangerfjord und die Fischerhalbinsel sind noch einfach zu erreichen, verglichen mit anderen Orten, die zunehmend von Kreuzfahrer angelaufen werden. Zwischen Tromsø und Longyearbyen liegen 970 Kilometer, zwischen Murmansk und Franz-Josef-Land rund 1400 Kilometer. Und was mit einem Dutzend Seeleute vor der Küste noch funktioniert – die Abbergung per Hubschrauber – wird umso schwierige, je weiter entfernt das Unglück stattfindet und je mehr Menschen davon betroffen sind.

Hurtigruten, MS Nordnorge

Hurtigruten, MS Nordnorge

Seit gut einem Jahr ist der Polar Code der International Maritime Organisation (IMO) in Kraft, der besondere Anforderungen für Schiffe und Crew in den polaren Gebieten enthält. Nationale Vorschriften wie Lotsenpflicht  sollen ebenfalls verhindern, dass unerfahrene Kapitäne die Touristen  samt Schiff durch Navigationsfehler in Gefahr bringen.  Viele Anbieter von Polar-Kreuzfahrten sind in der Association of Arctic Expedition Cruise Operators (AECO) organisiert. Die Anbieter der Expeditions-Kreuzfahrten arbeiteten eng mit den Rettungseinrichtungen zusammen. Dieses Netzwerk mache es möglich, von dem Wissen, der Erfahrung und guten Beispielen zu profitieren, zitiert der Barents Observer die Vorsitzende der Vereinigung, Frigg Jørgensen. Sie betonte auch, wie hilfreich andere Kreuzfahrtschiffe bei Unglücken sein könnten – möglicherweise seien sie sogar als erste vor Ort. Hurtigrutens Nordnorge stellte dies unter Beweis, als sie 2007  im Südatlantik zweimal Passagiere havarierter Kreuzfahrer aufnahm – einmal von der Explorer und einmal von der Nordkapp.

 Tone Vangen, Leiterin der Hauptrettungszentrale für Nordnorwegen,  empfahl deshalb im Gespräch mit dem Barents Observer, dass Schiffe paarweise fahren. Dies dürfte Passagieren wie Anbietern allerdings wenig gefallen.

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