Neuwahlen auf Grönland für klare Verhältnisse

Grönland. Schnelle Neuwahl statt langer Wahlkampf: Mit dieser Begründung rief der grönländische Regierungschef Kim Kielsen den nächsten Urnengang für seine Landsleute bereits für April aus, obwohl noch Zeit gewesen wäre bis November. Am Dienstag wird das Parlament (Inatsisartut) über seinen Terminvorschlag 24. April abstimmen.

Dorf

Stadt oder Dorf – es gibt Neuwahlen auf Grönland.
Foto Thomas Christiansen

Die Situation sei politisch unhaltbar gewesen, sagte Kielsen zu Sermitsiaq.AG.  Er fürchtete, dass die Diskussionen über kontroverse Themen bei der Frühjahrssitzung sonst nur Wahlkampf geworden wäre. „Auf diese Weise wird reiner Tisch gemacht, und die neuen Mitglieder, die gewählt werden, haben die Möglichkeit, den kommenden Haushalt zu gestalten“, wird  er von der Onlinezeitung zitiert. Zu den kontroversen Themen, die nun von den neuen Abgeordneten entschieden werden müssen, gehört ein neues Fischereigesetz.

Kim Kielsen ist der dritte Chef einer Regierung (Naalakkersuisut)  seit der Neukonstituierung Grönlands als selbstverwalteter Teil des dänischen Königreiches (Rigsfælleskab) im Jahr 2009. Das neue Selbstverwaltungsgesetz (Selvstyreloven) erkennt die Grönländer als ein Volk im Sinne des Völkerrechts an, dem eine Selbstverwaltung zusteht. Grönland bekam weitere Zuständigkeiten übertragen, beispielsweise für den Abbau der Rohstoffe – hiervon erhofft das Land eine Einkommensquelle, die irgendwann unabhängig vom dänischen Blockzuschuss macht. 1979 hatte die frühere dänische Kolonie bereits einen Autonomiestatus erhalten, der ihr es beispielsweise ermöglichte, aus dem EU-Vorläufer EWG  auszutreten.

Kim Kielsen

Kim Kielsen. Foto Johannes Jansson/
norden.org, CC BY 2.5 dk,

Erster Regierungschef unter der dem neuen Status war Kuupik Kleist (Inuit Ataqatigiit, demokratisch-sozialistisch). Nach den regulären Wahlen 2013 verlor er jedoch das Amt an Aleqa Hammond (Siumut, sozialdemokratisch). Nach eineinhalb Jahren musste Hammond jedoch im Oktober 2014 wegen falscher Spesenabrechnungen zurücktreten. Kim Kielsen (ebenfalls Siumut) wurde zunächst vertretungsweise ihr Nachfolger, nach schnell ausgerufenen Neuwahlen  auch regulär Premierminister.

Aussichtsreichste Gegenkandidatin ist Sara Olsvig von den Inuit Ataqatigiit. 2014 verlor sie gegen Kielsen mit nur 325 Stimmen Unterschied.  Autor Ebbe Volquardsen sah die beiden damals in einer Nach-Wahl-Analyse als exemplarisch für zwei Seiten  Grönlands, dessen Gesellschaft in „Nuuk und den Rest“ gespalten sei: „Während die Anthropologiestudentin Olsvig im Kopenhagen der Nuller Jahre Bourdieu und Lévi-Strauss las, ging Polizist Kielsen im sozial belasteten Paamiut auf Ganovenjagd. Während Olsvig mit den meisten ihrer Wähler auf Facebook befreundet ist, steht in Kielsens Büro – wie er dem dänischen Fernsehen stolz vorführte – eine Tiefkühltruhe mit selbst erlegtem Rentierfleisch.“

Sara Olsvig

Sara Olsvig. Foto Folketing DK

Seit einer Regierungsumbildung 2016 bilden die beiden gleich großen, aber ungleichen Fraktionen eine gemeinsame Regierung mit der kleinen Partii Naleraq. Das umstrittene Fischereigesetz gehört zu den Punkten, in denen sich die Parteien nicht einigen konnten. Ist die Wahl ausgerufen, dürfen keine neuen Gesetze mehr verabschiedet und es darf nur noch verwaltet werden.

Der schnelle Wahltermin kommt zur Unzeit für zwei neue Gruppierungen, die dort antreten wollen. Sie müssen zuvor 942 Unterschriften von Unterstützern sammeln, was gar nicht so einfach ist in einem Land, dessen 56 000 Einwohner weit verstreut wohnen und nicht einmal über Straßen miteinander verbunden sind. In beiden Fällen handelt es sich um neue Projekte von Abgeordneten, die bereits für andere Parteien im Parlament saßen. Aktuell hat das Inatsisartut fünf verschiedene Fraktionen.

Eine Umfrage der Onlinezeitung Sermitsiaq.AG ergab, dass zumindest deren Leser sich gar nicht so sehr für das Fischereigesetz interessieren und auch nicht für die ebenfalls geplanten Flughaufenausbauten. „Ausbildung“ und „Wohnungen“ landeten dort weit vor allen anderen Themen.

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