Jagd- und Fischereirechte vor Gericht: Teilerfolg für Girjas Sameby

Schweden. Wer entscheidet, wo wer fischen und Kleinwild jagen darf? Die Rentierhalterkooperative Girjas Sameby in Nordschweden pocht auf die Praxis seit Urzeiten und hat den Staat verklagt, der den Samen dieses Recht nahm. Das Oberlandesgericht in Umeå folgte ihrer Argumentation teilweise, aber nicht ganz. Das Urteil schaffte eine gewisse Verwirrung auf beiden Seiten, wie schwedische Medien berichten.

Wildnis

Wildnis mit Ren, Nordschweden

1993 öffnete der schwedische Staat die Jagd auf Kleinwild und das Fischen in den Seen und Flüssen für jeden – auch in den Gebieten, die für die Rentierhaltung genutzt werden. Die Verwaltungsbezirke vergaben die Genehmigungen an interessierte Jäger.  Bis dahin hatten die dort ansässigen Samen das Recht gehabt, Jagd und Fischerei gehörten stets zur Lebensweise dazu.

Der Landesverband der schwedischen Samen, Svenska Samernas Riksförbund/ Sámiid Riikkasearvi  wollte die Rechtmäßigkeit dieser neuen Regelung prüfen lassen. Dabei geht es zum einen darum, dass dem Urvolk der Region damit ein weiteres Recht genommen wurde. Für die Rentierhalter ist die Kontrolle über die Jagd jedoch auch ganz konkret deshalb wichtig, damit Jäger nicht gerade da unterwegs sind, wo ihre Herden stehen, und es zu Konflikten kommt (Erklärvideo auf Schwedisch bei SVT).

Girjas Sameby

Orange: Gebiet für die Rene von Girjas Sameby,
nicht detailgetreu. Grün: Nationalparks.
Karte auf Basis von stepmap

Bei Girjas Sameby ist die Jagd- und Fischpraxis in der Vergangenheit gut dokumentiert, deshalb wurde diese Kooperative für die Musterklage ausgewählt. 32 Rentierhalterbetriebe sind dort organisiert mit insgesamt 12 000 Tieren. Die Klage wurde 2009 beim Amtsgericht (Tingsrätt) in Gällivare eingereicht.

Der Fall brauchte seine Zeit, doch 2016 fiel das Urteil zugunsten der samischen Seite: Sie hätten das alleinige Recht, über Jagd und Fischfang in ihrem Gebiet zu entscheiden. Dabei geht es nur um Flächen oberhalb der Anbaugrenze, die vom schwedischen Staat verwaltet werden. Das Recht privater Grundbesitzer ist davon nicht betroffen.

Sápmi Flagge

Die Flagge von Sápmi am Laddujávri

Der Staat ging in Berufung, und so kam der Fall vergangenen Winter vor das Oberlandesgericht (Hovrätt) Övre Norrland in Umeå. Das Urteil fiel am Dienstag: Girjas Sameby habe „mehr Recht als der Staat auf die Jagd nach Kleinwild und Fischfang“,  aber anders als das Amtsgericht wies die höhere Instanz den Antrag der Samen ab, „ohne Einverständnis des Staates ihr Recht auf Jagd und Fischerei zur Verfügung stellen zu können.“

Was dieses Urteil genau bedeutet und konkret umgesetzt werden soll, darüber wird seitdem fleißig diskutiert. Girjas Sameby sieht sich zwar als Gewinner, was auch dadurch gestützt wird, dass das Gericht dem Staat die Kosten auferlegt hat, umgerechnet rund 400 000 Euro. Auch der Sameting sieht das so. Der Jägerverbund geht dagegen davon aus, dass das bisherige System fortgesetzt werden darf – also die Verwaltung der Jagd durch den Bezirk Norrbotten.

Beide Seiten gehen allerdings davon aus, dass noch eine weitere Verhandlung geben wird – vor dem höchsten Gericht.

Mehr zur Geschichte und zur Situation der Samen siehe Sápmi – das Land der Samen

Zur Entwicklung der Rechte der Samen in Schweden  über die Jahrhunderte – von der Zeit, als es noch nicht einmal feste Staatsgrenzen dort gab, bis heute – hat der schwedische Historiker Lennart Lundmark ein Buch geschrieben: Stulet land – svensk makt på samisk mark. Erschienen ist es 2010 bei Ordfront.

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