Island. Schwefelgeruch am Gletscherfluss, mehr Erdbeben und ein neuer Schmelzkessel: Angesichts auffälliger Veränderungen am Öræfajökull wurde nun die Bereitschaft an dem Gletschervulkan im Süden Islands erhöht. Das meteorologisches Institut (Veðurstofa) hat außerdem den Farbcode der Flugkarte für den Öræfajökull von grün (normal) auf gelb (erhöhte Aktivität) geändert.
„Es gibt keine Anzeichen für einen bevorstehenden Vulkanausbruch“, heißt es zwar in der Pressemitteilung der Abteilung für Zivilschutz der Polizei. Doch aufgrund der verschiedenen Anzeichen für erhöhte Aktivität wird die Gegend nun besonders überwacht.
Ende Oktober waren bereits zusätzliche seismische Überwachungsstationen an dem Berg eingerichtet worden, weil die Zahl der Erdbeben dort zugenommen hatte. Erst vor kurzem wurde das bisher stärkste dort mit 3,5 gemessen.
Die Erdbeben sind jedoch nur eines der Zeichen, die zurzeit Aufmerksamkeit auf den Öræfajökull lenken. Am Gletscherfluss Kvíá wurde Schwefelgeruch festgestellt. Außerdem zeigten Luftbilder, dass sich ein neuer Kessel innerhalb der alten, vergletscherten Caldera gebildet hat, mit einem Durchmesser von etwa einem Kilometer. Veðurstofa erklärte in einer Pressemitteilung, man gehe davon aus, dass geothermische Aktivität für die Schmelze unter dem neuen Krater verantwortlich ist. Das Wasser fließe über den Fluss Kvíá ab. Schwefelgeruch ist typisch für geothermisches Wasser.
Polizisten wurden nun vorerst an der Brücke der Ringstraße (Nationalstraße 1) über den Fluss Kvíá postiert. Wissenschaftler sind erneut über den Gletschervulkan geflogen, haben Messungen durchgeführt und auch Proben genommen.
Der Öræfajökull (wörtlich Einödegletscher) ist ein Ausläufer von Islands größtem Gletscher, dem Vatnajökull. Der gleichnamige Vulkan darunter ist seit der Besiedlung Islands nur zweimal ausgebrochen: Einmal 1362, was verheerend gewesen sein muss, und einmal 1727. Sein höchster Gipfel, Hvannadalshnúkur, ist mit 2110 Metern die höchste Erhebung Islands. Das Problem bei Gletschervulkanen ist zum einen die darauffolgende Überschwemmung. Die Ringstraße führt dicht daran vorbei, es gibt auch vereinzelte Siedlungen dort. Zu einem anderen Problem kann bei ungünstigen Bedingungen die Aschewolke werden: 2010 legte der Eyjafjallajökull den Flugverkehr in halb Europa lahm.