Die zwei Gesichter der Lofoten

Vor 30 Jahren wollte ich zum erste Mal auf die Lofoten reisen und kam doch nicht so weit. Ich hätte wohl etwas ganz anderes vorgefunden als das, was ich jetzt dort erlebte. Ein Essay.

Reine No Camping

Camping unerwünscht auf dem Rastplatz an der E10 bei Reine

Die Lofoten sind wunderschön. Ich hatte sogar das Privileg, sie bei klarem Himmel und Sonne zu sehen, obwohl der Nebel schon vor der Küste lauerte. Mein Problem: Andere fanden das auch. Sehr viele andere.

Als ich gegen 18 Uhr mit der Fähre von Bodø in Moskenes ankam, machte der Campingplatz dort kurz nach mir dicht. Nur noch Fußgänger mit Zelt fanden Aufnahme. Da waren die vorletzte und die letzte Fähre noch gar nicht angekommen. Wo die anderen dann die Nacht verbrachten, sah ich am nächsten morgen in Å – auf dem Rastplatz dort. Der Campingplatz von Å hatte auch das „Besetzt“-Schild draußen hängen.  Die Stimmung war sehr friedlich, man ist ja in den Ferien, nur an der Toilette gab es eine Schlange. 

Auf dem Weg nach Reine: Alle Parkplätze und Aussichtspunkte an der E 10 voll! Erst später verteilt sich die Menge ein bisschen. Mir war schon klar, dass die Lofoten kein Geheimtipp mehr sind. Vor 30 Jahren hielten mich die meisten meiner Bekannten noch für irre: In den Norden fahren – da ist es doch kalt! Heute teilen offensichtlich ganz viele meinen Geschmack. Das kann ich ihnen auch schlecht übel nehmen. Nur: Ein Reiz für mich in Skandinavien, neben der Landschaft selbst, war auch immer die Weite und Einsamkeit. Ich teile meine Erlebnisse gern, aber eigentlich gerne erst hinterher.

Camping unerwünscht zwischen den Trockengestellen im Hafen Reine

Es sind keineswegs nur die ausländischen Touristen, die es hierher treibt, sondern auch die Norweger selbst. NRK meldete vor kurzem, nie zuvor habe es mehr Wohnmobile auf norwegischen Straßen gegeben, in diesem Jahr wurden mehr als 4000 neu zugelassen. Nordland und Troms sind Spitzenreiter: Dort besitzen 20 von 1000 Einwohnern inzwischen so ein Fahrzeug.

Die Lofoten sind sehr schön, aber der nutzbare Platz ist auch begrenzt. An vielen Stellen gibt es keine Alternative zur E10. Und ist man morgens früh unterwegs, so sieht man, wo die Leute übernachten: Auf sämtlichen Parkplätzen und an jeden freien Fleckchen scheinen Camper oder Wohnmobile zu stehen. Oder ein verlassener Pkw, dessen Insassen ein paar Meter weiter zelten. Es gibt sicher genügend, die einfach aus Kostengründen diesen Weg wählen. Die vorhandenen Einrichtungen, so ist zumindest meine Beobachtung in Moskenes, würden damit aber auch gar nicht fertig werden.

Camping unerwünscht auf dem Friedhofsparkplatz in Kabelvåg

Ob sich dabei immer alle so benehmen, wie es wünschenswert ist, kann ich nicht ausreichend aus eigener Beobachtung beurteilen. Auffällig ist, dass in den Orten inzwischen an jedem Fleckchen, auf das auch nur ein Pkw passt, ein „Camping verboten“-Schild steht. Selbst auf dem Friedhofs-Parkplatz. Gibt’s da eine Vorgeschichte?

Wie die Ganzjahres-Lofotenbewohner mit der Beliebtheit umgehen, konnte ich auch nicht wirklich herausfinden. Sehen sie Touristen möglicherweise als das saisonale Gegenstück zum Dorsch? Oder sind sie genervt? Jedenfalls bemüht man sich sichtbar, Regelungen zu finden, die funktionieren.

Es ist auch nicht so, dass es auf den Lofoten überall voll wäre. Wie bei anderen touristischen  Attraktionen gilt: Weg von der Straße. Wenn es sich nicht gerade um ein gerne auf Instagram porträtiertes Ziel handelt, kann man immer noch ziemlich in Ruhe wandern. Und die Lofoten sind da auch schön.

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