Haparanda. Das Barents Center in Haparanda, an der schwedisch-finnischen Grenze, hätte der ganz große Wurf werden sollen: eine neue Schule, eine Multifunktionsarena inklusive Eisbahn, ein Hotel-Hochhaus und eine Shopping-Mall. Der erste Spatenstich geschah bereits 2014 – doch bis heute ist auf dem Gelände nichts als ein wassergefülltes Loch.
In den Schlagzeilen war das Projekt trotzdem immer wieder: Dem ehemaligen Verwaltungschef droht ein Verfahren wegen Bestechlichkeit, der Investor ist gerade wegen illegaler Steuertricks aufgeflogen, der letzte Kaufinteressent wollte nicht die geforderte Summe zahlen. Und die Stadt Haparanda sitzt auf einem unterschriebenen Mietvertrag für Schule und Halle über 25 Jahre, aus dem sie vorerst nicht herauskommt. Beginn: 1. Januar 2020. Zurzeit sieht es nicht so aus, als würde bis dahin irgendein Gebäude dort stehen.
Märchenhaftes Versprechen
An die Vorgeschichte erinnerte vor einigen Wochen das Investigativ-Format des schwedischen Fernsehens (SVT), Uppdrag Gransking – und brachte auch einige neue Aspekte ans Licht. Die Mehrheit der Kommunalpolitiker und die Verwaltung glaubten damals den Versprechen des eishockeybegeisterten Investors Mikael Fahlander. Das Hotel und die Shopping Mall mit rund 70 Geschäften hätten hunderte von Arbeitsplätzen schaffen sollen. Ein erfahreneres Unternehmen mit bodenständigeren Plänen kam nicht zum Zuge.
Der langfristigen Mietvertrag der Kommune war ein wichtiger Baustein für die Finanzierung und ein Signal für andere Mieter. Die Baugenehmigung lag vor. Doch die Bagger kamen nie – Finanzierungsprobleme.
Einer, der rechtzeitig seine Schäfchen ins Trockene gebracht hat, so zeigte die SVT-Dokumentation, ist der frühere Verwaltungsschef von Haparanda, Patrick Oja. Er wechselte in ein Unternehmen des Investors Fahlander und war offenbar schon frühzeitig mit diesem darüber im Gespräch. Das alles zu einer Zeit, als die Ausschreibungsunterlagen vorbereitet wurden. Haparandas heutiger Kommunalrat Peter Waara hat ihn inzwischen wegen Verdachts auf Treulosigkeit oder Bestechlichkeit angezeigt, wie Fernsehen und Zeitungen berichten.
Ein Nachspiel für Oja gab es bereits, gut 350 Kilometer weiter, in Kiruna. Beim Aufbau des neuen Stadtzentrums geben sich viele Investoren die Klinke in die Hand – auch ein Unternehmen, an dem Oja beteiligt war. Das Bergbauunternehmen LKAB, Eigentümer der betreffenden Fläche, weigerte sich nach den Enthüllungen, an Oja zu verkaufen. Das entspreche nicht LKABs Verhaltenskodex. Erst nachdem Oja das Unternehmen verlassen hatte, kam der Verkauf zustande. Auch darüber berichteten SVT sowie Norrbottens Media.
Mikael Fahlander wiederum war vor kurzem in den Schlagzeilen, weil seine Steuertricks sich als illegal erwiesen hatten. Er muss 8.5 Millionen Kronen nachzahlen, etwa 853 700 Euro.
Brachfläche statt Vorzeigeobjekt
Die Brachfläche ruht inzwischen weiter – dort, wo Haparanda und ihre finnische Schwesterstadt Tornio zusammenwachsen sollten. Sie liegt direkt neben dem Victoriaplatz, der die Grenze zwischen Schweden und Finnland als Treffpunkt mit Wasserlauf symbolisiert. Bei der Gestaltung waren Ideen von Kindern aus Haparanda und der finnischen Schwesterstadt Tornio mit einbezogen worden. Für die Umsetzung gab es Mittel von der EU. Die schwedische Kronprinzessin kam 2011 persönlich zur Einweihung. Auf der finnischen Seite steht bereits ein Einkaufszentrum, und unweit davon der weltweit nördichste Ikea. Ob es für ein Barents Center mit 70 weitere Geschäfte in der Region überhaupt ausreichend Kunden gegeben hätte, bezweifelte zumindest der finnische Centermanager in der SVT-Dokumentation.
Verkauf geplatzt
Vor einem Jahr war schon einmal der Verkauf der Fläche an einen finnischen Unternehmer verkündet worden. Daraus ist nichts geworden, wie nicht zuletzt die jüngste Pressemitteilung des aktuellen Eigentümers Concent AB noch einmal feststellt. Erkennbar sind darin auch Bestrebungen nach einem veränderten Konzept.
Ist der Bau am 1. Januar 2020 nicht bezugsfertig, ist die Kommune nicht mehr an den Mietvertrag für Schule und Multi-Arena gebunden. Die Bauzeit war bisher immer mit gut zwei Jahren veranschlagt worden. Es ist also wahrscheinlicher, dass man im Januar 2020 auf der Fläche gut Schlittschuh laufen kann – ganz ohne Eis-Arena.