Altlasten der Papierindustrie – giftig und klimaschädlich

Schweden. Die schwedische Papier- und Zellstoffindustrie hat eine Wasserleiche im Keller. Sie stammt hauptsächlich aus den 1950er und 1960er Jahren, als man Prozesswasser mit Faserresten noch ungereinigt ins Gewässer vor der Tür ableiten durfte. Die Fasern häuften sich auf und liegen bis heute dort. Diese Faserbänke enthalten auch eine Menge Umweltgifte – und sie geben Methan ab. Deshalb wird nun über Methoden diskutiert, sie zu beseitigen. Darüber berichtete Sveriges Radio.

Karlshäll

Karlshäll und Bucht Notviken in Luleå vor der Sanierung. Von den Faserbänken sieht man so nichts.

Viele dieser Papier- oder Zellstofffabriken liegen oder lagen am Bottnischen Meerbusen, andere an Flüssen, die dort hinein münden. Die Faserbänke sind bekannt, aber niemand möchte sie so richtig anfassen. Denn die darin enthaltenen Umweltgifte wie Quecksilber und Dioxin könnten sich durch die Bewegung erst recht verbreiten. Die Bänke geben auch sichtbar Methan von sich. Forscherin Alizée Lehoux von der Universität Uppsala und ihr Team waren bei Laborversuchen zu dem Ergebnis gekommen, dass das Methan bis zu sieben Prozent des schwedischen Klimagas-Ausstoßes ausmachen könnte. Allerdings warnt Lehoux selbst davor, dass es sich um ein Laborergebnis mit bestimmten Annahmen handele – die echte Summe könne sowohl darunter als auch darüber liegen. 

Faserbank in Luleå wurde entfernt

An manchen Orten sind Faserbänke schon entfernt worden – zum Beispiel 2021 in Luleå in der Bucht Notviken vor Karlshäll. Das damalige Werk steht nicht mehr. Mit der Sanierung sollte verhindert werden, dass mit dem Fluss Luleälv weiter Giftstoffe in die Ostsee eingetragen werden. Dafür gab es Geld von der Naturschutzbehörde. Das Material befindet sich nun laut Piteå Tidningen auf einer Deponie bei Boden. In Piteå liegt eine Faserbank vor dem Gelände der heute noch aktiven Kartonagenfabrik von SCA am Yttre Fjärden des Piteälvs, nicht weit entfernt von der Mündung ins Meer. Dieses Gebiet ist laut der Zeitung 11 000 Quadratmeter groß und drei bis vier Meter dick.

Neuer Nutzen für die Fasern?

Die Entfernung dieser Altlasten ist teuer. Erik Hedenström von der Mittuniversitet in Sundsvall würde gerne drei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Ließe sich ein kommerzieller Nutzen für diese Fasermasse finden, könnte die Industrie damit gelockt werden und würde sie selbst hochholen und verarbeiten. Untersucht wird unter anderem die Möglichkeit, daraus Biogas zu produzieren. Auch die Metalle könnten interessant sein. Doch bisher fehlt der Schritt von einer theoretischen Möglichkeit zu einer praktisch umsetzbaren Option, die auch noch wirtschaftlich ist.

Probleme mit Faserbänken gibt es auch in anderen Regionen mit ähnlicher Industrie, zum Beispiel in Finnland und Kanada.

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