Finnland. Wer regiert demnächst Finnland? Diese Frage bleibt möglicherweise auch nach der Auszählung der Wahl heute Abend spannend, denn die Mehrheitsverhältnisse sind nach den Umfragen kompliziert. Ein rekordhoher Anteil von mehr als 40 Prozent der Wahlberechtigten hat seine Stimme bereits vorab abgegeben, berichtet Yle, der Rest hat heute noch die Gelegenheit dazu.
Die drei größten Parteien liegen nach der jüngsten Prognose praktisch Kopf an Kopf: die Sozialdemokraten der aktuellen Regierungschefin Sanna Marin, die konservative Sammlungspartei (Kokoomus) mit Spitzenkandidat Petteri Orpo und die rechtsnationalen Basisfinnen (Perussuomalaiset) mit der Vorsitzenden Riikka Purra. Keine dieser Parteien erreicht bisher in den Umfragen auch nur 20 Prozent – was bisher auch schon so war -, alle sind auf Koalitionspartner angewiesen.
Fortsetzung der bisherigen Koalition unwahrscheinlich
Sanna Marin regierte mit einer Fünf-Parteien-Koalition mit Zentrumspartei, Linksverbund, den Grünen und der Schwedischen Volkspartei. Dass es noch einmal dazu kommt, ist aktuell eher unwahrscheinlich, selbst wenn die Wahl gut für die populäre Sanna Marin ausfallen sollte: Die Koalition schaffte die letzten Monate nur mit Ach und Krach. Mehrfach gab es Konflikte mit der Zentrumspartei. Daran scheiterte beispielsweise das neue Gesetz zur Wahlberechtigung zum Samenparlament. Die Zentrums-Vorsitzende Annika Saarikko wünscht auch keine Neuauflage der jetzigen Koalition nach der Wahl.
Erste Wahl mit Sanna Marin als Spitzenkandidatin
Für Sanna Marin ist es die erste Parlamentswahl, zu der sie selbst als Spitzenkandidatin antritt – vor vier Jahren war das noch ihr Vorgänger Antti Rinne, der Ende 2019 zurücktrat. Anders als beim Nachbarn Schweden ist die Blockpolitik in Finnland weniger ausgeprägt, sodass grundsätzlich mehrere Koalitionsvarianten möglich sind – auch wenn einige weniger wahrscheinlich sind als andere.
Nato-Beitritt kein kontroverses Thema
In der Außenpolitik hat Sanna Marin innerhalb eines Jahres einen massiven Wechsel eingeleitet, aus bekanntem Grund: Nach Russlands Angriff auf die Ukraine will nun auch Finnland der Nato beitreten. Dies ist jetzt tatsächlich unter Dach und Fach, bis auf die letzten Formalien. In dieser Frage sind sich auch fast alle Parteien und eine große Mehrheit in der Bevölkerung laut der Umfragen einig.
Basisfinnen wollen weniger Klimapolitik
Innenpolitisch gibt es dagegen viele Differenzen, und wie so oft geht ums Geld: Wirtschaft, Steuern und Arbeitsplätze. Die Basisfinnen wollen wie rechte Parteien anderswo sowohl Einwanderung als auch Klimaziele herunterschrauben. Eine Regierungsbeteiligung dieser Partei gab es schon einmal, was nicht so gut lief, ist aber ebensowenig ausgeschlossen wie andere Variationen.
So sah das Wahlergebnis vor vier Jahren aus: