Russische Wawilow-Eiskappe schmilzt im Rekordtempo ab

Russland. Dass in Grönland die Gletscher schmelzen, ist bekannt. Doch auch die Eiskappen auf den arktischen russischen Inseln sind nicht mehr stabil. Eine Auswertung von verschiedenen Satellitenbildern durch ein internationales Forscherteam zeigte, dass eine Gletscherzunge der Wawilow-Eiskappe auf Sewernaja Semlja in einem Tempo vorwärts rutscht, wie es bisher noch nirgendwo beobachtet wurde. Die Studie wurde in Earth and Planetary Science Letters veröffentlicht.

Russische Arktis

Spitzbergen (Norwegen) und die Inseln der russischen Arktis. Kartenbasis Google Earth, Bilder US Geological Survey, Landsat/Copernicus, IBCAO

„In einem sich erwärmenden Klima ist eine Beschleunigung der Gletscher immer häufiger zu beobachten. Doch die Größe des Eisverlustes an der Wawilow-Eiskappe ist extrem und unerwartet“, erklärt Hauptautor Mike Willis in der Pressemitteilung. Willis ist Geologe an der Universität Colorado Boulder und arbeitet bei CIRES mit (Cooperative Institute for Research in Environmental Sciences). Im Jahr 2015, so ergaben die Auswertungen, habe sich der Gletscherrand um gut neun Kilometer nach vorn geschoben, mit einer Geschwindigkeit von 25 Metern am Tag. Dabei verlor die Eiskappe massiv an Masse. 2017 rutschte er nicht mehr ganz so schnell, aber immer noch mehrere Meter am Tag (Artikel auf Deutsch auch in Polar News).

Die Wawilow-Eiskappe befindet sich auf der größten Insel des Archipels Sewernaja Semlja, der Oktoberrevolution-Insel. Derartige „kalte“ Eiskappen gibt es laut Artikel in Polargebieten mit wenig Niederschlag. Sie seien normalerweise an ihrem Bett festgefroren und bewegten sich nur durch den Druck der eigenen Masse vorwärts. So habe sich auch die Wawilow-Eiskappe von 1952 bis 1985 nur insgesamt 400 Meter weiter bewegt – rund zwölf Meter im Jahr. Um die Jahrtausendwende habe dann das Tempo zugenommen und 2010 noch einmal zugelegt. Vermutet wird, dass der Boden unter der Gletscherzunge inzwischen extrem rutschig ist. Das Eis verschwindet dann im Ozean. Innerhalb eines Jahres (2015-2016) habe die Eiskappe 4,5 Kubikkilometer Masse verloren.

Russische Untersuchung mit ähnlichen Ergebnissen

„Wir haben so etwas noch nie gesehen, die Studie hat mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet“, so Willis. Bisher gingen viele Wissenschaftler nämlich davon aus, dass Eiskappen oberhalb des Meeresspiegels nur langsam schmelzen würden. Was mit der Wawilow-Kappe geschehen sei, könne auch mit anderem an Rande Grönlands oder der Antarktis geschehen.

Die Ergebnisse dieser internationalen Studie, an der auch zwei russische Wissenschaftler mitwirkten, wird gestützt von denen einer russischen Untersuchung mit anderen Quellen, die aber zu sehr ähnlichen Ergebnissen kommt. Über diese berichtet das Online-Medium N+1. Die Gruppe um den Glaziologen Gennadij Nosenko der Russischen Akademie der Wissenschaften wertete Satellitenbilder, Flugradar und Literatur von 1967 bis 2017 aus.

Hier das Ergebnis der CIRES-Studie im Zeitraffer-Video:

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