Spitzbergen. 400 Jahre lang lagen die toten Walfänger auf Spitzbergen ungestört in ihren eisigen Gräbern. Doch auf der Insel ist es wärmer geworden, der Permafrost beginnt zu tauen, der Boden erodiert, das Meer beginnt, die Särge samt Inhalt wegzuspülen.
Schon drei Mal hat der Sysselmann (Inselverwalter) deshalb inzwischen bestimmte Gräber ausgraben und bergen lassen. Für Archäologen sind die sterblichen Überreste der auf der Insel gebliebenen Walfänger wertvolles Quellenmaterial. Über die diesjährigen Ausgrabungsarbeiten und die Auswertung berichtete NRK.
Im 17. und 18. Jahrhundert war die Inselgruppe knapp unter dem 80. Breitengrad praktisch ein internationaler Stützpunkt für Walfänger. Niederländer, Briten und andere jagten in der Gegend. Smeerenburg, der Hauptort der Niederländer im nordwestlichen Teil der Insel Spitzbergen, war die größte der Niederlassungen. Dort wurde der Blubber auch gleich zum in Europa begehrten Öl verarbeitet.
Nicht alle Walfänger überlebten bei den harten Bedingungen. Rund 800 Gräber gibt es auf Spitzbergen, allein 130 bei Smeerenburg. Bei den ersten Ausgrabungen in den 1980er Jahren fand man die bestatteten Walfänger noch sehr gut erhalten vor – der Permafrost hatte wie ein Kühlschrank gewirkt.
„Das Material aus diesen Ausgrabungen gilt weltweit als einzigartig“, heißt es in der Pressemitteilung des Inselverwalters. An wenigen Orten gebe es so gut erhaltene Überreste, die Einblick in die Epoche, die Seemannskultur und die Walfangaktivitäten geben. Teile davon sind im Museum auf Spitzbergen zu besichtigen.
Mit dem Kühlschrank ist es nun aber offenbar vorbei. Die Temperaturen sind in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich gestiegen. Zum einen erodiert die Küstenlinie, seit der Permafrost weicht und der Fjord seltener gefriert. Die 2015 auf der Bäreninsel und 2016 auf der Landspitze Likneset geborgenen Gräber samt Inhalt seien in deutlich schlechterem Zustand gewesen, so die Berichte der Forscher. Inzwischen werden im Labor des Museums auf Spitzbergen drei Särge untersucht, die in diesem Jahr ausgegraben wurden. Geborgen werden allerdings jeweils nur ausgesuchte Gräber.