Norwegen. Heute wählen die Norweger ihr neues Parlament – und es dürfte spannend werden. Die jüngsten Umfragen sehen einen Regierungswechsel kommen. Vieles hängt aber auch daran, welche Kleinparteien es über die 4-Prozent-Hürde schaffen.
Die sozialdemokratische Arbeiderpartiet mit Jonas Gahr Støre wird nach den Umfragen die größte Fraktion, allerdings nur mit knapp 25 Prozent. Erna Solbergs konservative Høyre (Rechte) kommen zurzeit nur auf knapp 20 Prozent. Potenzielle Koalitionspartner gibt es auf beiden Seiten, aber es ist nicht sicher, wie viele davon nach der Wahl noch im norwegischen Parlament, dem Storting, vertreten sind. Ungefährdet scheinen Senterpartiet (stark im ländlichen Raum) und die Sosialistisk Vestreparti (Sozialistische Linkspartei) als potenzielle Partner für Jonas Gahr Støre sowie die nationalistische Fremskrittspartiet (Fortschrittspartei) für Erna Solberg, obwohl diese zuletzt aus der Koalition ausgeschert waren.
Treffen die Umfragen einigermaßen zu, sind auch die Umweltpartei Miljøpartiet de Grønne (MDG) und die „roten“ Rødt nach der Wahl wieder im Parlament vertreten, mit um die 5 Prozent. Knapper schon wird es für Solbergs aktuelle Koalitionspartner: der liberalen Venstre werden weniger als 5 Prozent, der Kristelige Folkepartiet (KrF) nur um die 4 Prozent vorhergesagt.
Einige Themen:
Umwelt und Klima: Dass die Ölpolitik in den vergangenen Jahren stärker diskutiert wird, ist nicht zuletzt ein Verdienst des „Klimaprozesses„. Zwar konnten sich die Umweltorganisationen nicht vor Gericht durchsetzen, aber die Aufmerksamkeit war ihnen gewiss. Mit „Oljebrølet“ gründete sich jüngst eine Gegenbewegung zu den Klimaaktivisten, die so lange wie möglich in Norwegen Öl fördern will.
Gegensatz Stadt/Land bzw. Süd/Nord: Was in Oslo als klimapolitische Maßnahme gilt, kommt in dünn besiedelten Regionen nicht immer gleich gut an. Gleichzeitig ist die Unterstützung für ein teures Projekt wie die Nordnorgebanen bei den Vertretern aus dem Süden eher lau. Die Infrastruktur im ländlichen Nordnorwegen mit seinen großen Entfernungen ist nicht für alle zufriedenstellend.
Corona: Norwegen gilt als ein Land, das die Krise gut gemeistert hat, denn es gab nur vergleichsweise wenige Tote (822 insgesamt bei 5,4 Millionen Einwohnern). Es gab zeitweise starke Einschränkungen, Norwegen schottete sich außerdem gegen andere Länder stark ab. Das hatte Folgen für den Tourismus, in der Landwirtschaft und anderen Bereichen. Die Glaubwürdigkeit der Regierung bekam einen Knacks, als Premierministerin Erna Solberg an ihrem 60. Geburtstag mit mehr Leuten feierte als offiziell empfohlen waren. Zurzeit hat Norwegen außerdem die höchste Inzidenz unter den nordischen Ländern. Eine Öffnung wie in Dänemark ist nicht in Sicht. 62 Prozent sind voll geimpft, 10 Prozent noch nicht vollständig.
Früherer Artikel zum Thema: Wahlmonat September: Abstimmungen in Norwegen und Island