Gefangen in Moskau – Jahrestag für den Kurier aus Kirkenes

Norwegen/Russland. Heute vor einem Jahr wurde der Norweger Frode Berg in Moskau  wegen Spionage verhaftet und sitzt dort bis heute. Norwegens Regierung schweigt dazu konsequent. Doch die norwegische Presse hat fleißig in dem Fall gegraben.

Flughafen Kirkenes

Flughafen Kirkenes. Sowohl die finnische als auch die russische Grenze sind nah.

Zuerst sah es aus wie ein Missverständnis – oder Willkür: Der ehemalige Grenzinspektor Frode Berg, heute 63, war in seinem Heimatort Kirkenes bekannt als jemand, der sich für ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis zwischen Norwegen und Russland einsetzte. Kirkenes liegt nahe der norwegisch-russischen Grenze und ist das Zentrum des norwegischen und des internationalen Barents-Sekretariats.  Berg war aktiv im örtlichen Kulturverein, der grenzüberschreitend Künstler einlud und Veranstaltungen konzipierte. Die Bürger von Kirkenes wunderten sich, warum die Regierung so still blieb.

Doch dann machten Bergs Anwälte in der norwegischen Presse öffentlich, was die russischen Ermittler längst wussten: Berg war tatsächlich in Russland als Kurier im Auftrag des norwegischen Nachrichtendienstes unterwegs gewesen, und zwar mehrfach. Die 3000 Euro, mit denen man ihn aufgegriffen hatte, hätte er als Entlohnung für jemanden per Post von Moskau aus verschicken sollen. Es ging wohl um Informationen zur russischen Nordflotte. Nach Darstellung der Anwälte war Berg offenbar die Tragweite seines Einsatzes nicht bewusst gewesen.

Dasselbe glaubt die norwegische Journalistin Trine Hamran, mit der er zeitweise im Rahmen von Kulturprojekten zusammengearbeitet hatte und die offenbar als einzige zivile Person Bescheid wusste. Gegenüber Dagbladet sagte sie, dass er eigentlich damit hatte aufhören wollen. Doch nach dem russischen Großmanöver „Sapad“ im Herbst 2017 habe jemand Druck auf ihn ausgeübt, doch noch einen Auftrag zu übernehmen. Dass Berg dieser „Nebenjob“ belastete, bestätigten auch seine Frau und seine Tochter in der NRK-Reportage  „Fengslet i Moskva“ („Gefangen in Moskau“). Für sie erklärte sich mit dem öffentlichen Geständnis einiges, das sie sich vorher nicht hatten zusammenreimen können.

Keine öffentliche Stellungnahme der Regierung

Bis heute gibt es keine offizielle Stellungnahme dazu von irgendeinem Regierungsmitglied oder vom norwegischen Nachrichtendienst. Es wird lediglich darauf verwiesen, Berg erhalte den Beistand des norwegischen Konsulats in Moskau. In den Medien war der Fall allerdings immer wieder Thema. Als im Herbst ein Russe in Oslo wegen Spionageverdacht festgenommen wurde, spekulierte man gleich über einen Austausch. Für den Verdacht gab es allerdings keine Beweise, der Mann musste wieder freigelassen werden.

Gerichtsverhandlung im Januar oder Februar

Bergs russischer Anwalt Ilja Nowikow hatte von Anfang betont, Bergs einzige Chance sei eine politische Lösung. Sollte eine solche verhandelt werden, ist dies bisher im Verborgenen geschehen. Die russischen Ermittlungen zu dem Fall, so wurde gerade von den Medien gemeldet, seien mehr oder weniger abgeschlossen. Die Gerichtsverhandlung werde wohl im Januar oder Februar stattfinden. Dann wird sich zeigen, ob die norwegische Diplomatie vielleicht still, aber doch effektiv ist. Oder ob der Kurier aus Kirkenes beim Auffliegen in Russland tatsächlich  sich selbst überlassen geblieben ist – so wie er gegenüber Trine Hamran befürchtet hatte.

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Spionage-Vorwurf: Der Kurier aus Kirkenes packt aus

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