Flucht nach Norwegen über den vereisten Pasvikfluss

Sør-Varanger (Norwegen). Der Grenzübergang Storskog bei Kirkenes im nordöstlichsten Winkel Norwegens ist das letzte verbliebene Schlupfloch aus Russland direkt nach Westen. Doch es wird immer schwieriger, dieses legal zu nutzen. Gestern meldete die norwegische Polizei, dass ein Mann über das Eis des Grenzflusses Pasvikelva nach Norwegen gekommen sei. Der Mann habe Asyl beantragt.

Schild Kirkenes

Von Kirkenes, Kommune Sør-Varanger, ist es nicht weit zur russischen Grenze.

Über Storskog können Russen noch mit einem Schengen-Touristenvisum nach Norwegen einreisen – sofern sie schon eins haben, denn das norwegische Generalkonsulat in Murmansk ist bereits seit Juli geschlossen, und ohnehin werden nur noch sehr beschränkt Visa erteilt. Im Herbst konnten dies aber noch einige nutzen, um vor der Teilmobilmachung in Russland zu flüchten. Der Grenzübergang wird außerdem nach wie vor für Besuche und zum Einkaufen in Kirkenes genutzt von jenen, die noch gültige Visa oder Visabefreiungen haben.

Problem Autoversicherungen

Zukünftig könnte es das noch schwieriger werden, wie der Barents Observer berichtet: Denn am 1. Juli läuft die Vereinbarung zwischen den russischen Autoversicherern und denen aus dem EWR-Raum aus, und zum aktuellen Zeitpunkt sieht es nicht so aus, als würde dies erneuert. Damit würde nicht nur der Privatautoverkehr wegfallen, sondern auch die russischen privaten Buslinien Kirkenes-Murmansk. Zu Fuß darf die Grenze nicht überquert werden, so sieht es das russisch-norwegische Abkommen vor – nicht über den Grenzübergang und natürlich erst recht nicht über das Eis des Pasvikflusses.

Russische Grenzposten sahen Fußspuren

Grenze

Die Grenze von Norwegen und Russland – jetzt 197,7 Kilometer lang.

Der gestern aufgegriffene Mann war schon auf russischer Seite durch seine Spuren im Schnee aufgefallen, wie die norwegische Polizei berichtet. Er kreuzte den Pasvikfluss nachts bei Skrøytnes, nicht weit entfernt von Nikel. Die norwegische Grenzwache und Polizei machten sich nach dem Hinweis aus Russland auf die Suche, die Festnahme soll undramatisch verlaufen sein – nachts um kurz vor 2 Uhr.  Die Polizei will nicht mehr mitteilen außer, dass der Mann „ausländischer Staatsangehöriger“ sei und Asyl beantragt habe. Eine solche Passage durch die Wildnis, nachts und mitten im Winter, ist durchaus ein Risiko. Die Grenze zwischen Russland und Norwegen ist rund 198 Kilometer lang.

2015: Mit dem Fahrrad über die Grenze

Fahrräder im Grenselandmuseum

Fahrräder von 2015 im Grenselandmuseum Kirkenes.

Vor acht Jahren fanden andere Asylsuchende eine kreative Lösung für das Problem, nicht zu Fuß einreisen zu dürfen: Sie kamen mit dem Fahrrad. Von September bis Dezember 2015 überquerten fast 6000 Menschen die Grenze von Russland nach Norwegen mit dem Fahrrad. Dabei handelte es sich meist um Menschen aus anderen Ländern, die aber eine Aufenthaltserlaubnis in Russland hatten. Die Fahrräder wurden größtenteils verschrottet, weil sie nicht verkehrstauglich waren. Einige Exemplare sind heute im Grenselandmuseum in Kirkenes zu sehen. Die meisten der Menschen, die auf diese Weise einreisten, durften allerdings nicht bleiben, und schließlich schickte Norwegen sie direkt an der Grenze zurück nach Russland.

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