Coronavirus: Knappe Kultur, knapper Alkohol – aber nicht überall

Begrenzung der Kneipenöffnungszeiten, Absage der Gottesdienste und Versammlungs-Obergrenzen zwischen 50 und mehr als 500: Es gibt im Norden ganz unterschiedliche Taktiken, wie man das Coronavirus weiter im Zaum halten will, aber die Lage unterscheidet sich inzwischen auch sehr von Land zu Land. Ein Überblick.

Schweden

onnenuntergang Strandscenen

Festival in Luleå 2019. Diesen Sommer gibt es in Schweden nur Veranstaltungen bis 50 Personen.

Schweden hatte lange fallende Kurven von einem sehr hohen Niveau aus. In der vergangenen Woche kam es erstmals wieder zu steigenden Fallzahlen, vorrangig in der Altersgruppe der 20-29-Jährigen. Die 14-Tage-Inzidenz liegt aktuell bei 32,5. In Schweden gilt seit Ende März eine Obergrenze von Versammlungen für 50 Personen, die nicht angehoben wurde. Darüber wurde zuletzt heftig diskutiert, da Künstler und Sportvereine dadurch massiv beschränkt werden. Die Gesundheitsbehörde ist gegen eine Änderung, weil sie Superspreader-Events fürchtet. Ob die Politik sich anders entscheidet, ist noch offen. Die Kritik der Künstler kommt auch deshalb, weil Restaurants oder Läden an diese Obergrenze nicht gebunden sind, sofern sie genug Platz haben, um den Abstand zu gewährleisten. Mit teilweise kuriosen Folgen: So bot Pite Havsbad, Ferien- und Veranstaltungsanbieter aus Piteå, ein Abendessen für 250 Personen mit ausreichend Abstand an. Da dort aber der in Schweden durchaus bekannte Sänger Danny Saucedo auftreten sollte, wurde die Veranstaltung gestoppt – es hätten 200 Personen aus dem Saal gehen müssen. Argumentation: Der Künstler sei das Zugpferd – und damit nicht sicher, dass der Abstand auch gewahrt bleibe.

Norwegen

Insgesamt 62 steckten sich jüngst beim Ausbruch des Coronavirus auf der Roald Amundsen an – aber nicht nur deshalb steigen in Norwegen die Infiziertenzahlen. Im europäischen Vergleich steht Norwegen mit einer Inzidenz von 7,2 Fällen in 14 Tagen pro 100 000 Einwohner aber immer noch gut da. Norwegen lässt öffentliche Veranstaltungen mit bis zu 200 Personen zu. Kultur- und Sportveranstalter hofften jüngst auf mehr, doch dafür gab es angesichts der neuen Entwicklung eine Absage. Und damit die Leute im Rausch nicht den Abstand vergessen, darf seit Sonntag ab Mitternacht kein Alkohol mehr ausgeschenkt werden.

Finnland

Vaasa Innenhafen

Blick auf den Vaasa Innenhafen von Vaskiluoto aus.

Finnland gehört aktuell zu den Ländern in Europa mit der geringsten 14-Inzidenz – 3,5 Fälle pro 100 000 Einwohner.  Dort sind seit Anfang August wieder Veranstaltungen mit mehr als 500 Menschen erlaubt – die großzügigste Regelung im ganzen Norden. Am vergangenen Wochenende fand am Innenhafen von Vaasa beispielsweise ein Festival mit bis zu 5000 Besuchern gleichzeitig statt. Es war zwar eine abgespeckte Version mit vielen Auflagen, aber trotzdem mehr, als aktuell anderswo möglich ist. Andere geplante Festivals haben allerdings schon wieder abgesagt – wegen der hohen Auflagen, aber auch wegen der wieder leicht steigenden Infektionszahlen.

Island

Island hat inzwischen 114 Fälle mit aktivem Coronavirus. Die 14-Tage-Inzidenz pro 100 000 Einwohner liegt jetzt bei 31,1. Statt der erhofften Ausweitung der Versammlungs-Obergrenze wurde diese deshalb wieder von 500 auf 100 beschränkt. Die geplanten Konzerte von Björk in der Harpa wurden deshalb verschoben. Die Sorge um die Testkapazitäten ist aktuell vom Tisch – das private Labor deCode unterstützt das Landeskrankenhaus bei Bedarf.  Alkohol hält man auch auf Island in Coronazeiten nicht für hilfreich. Bars und Nachtclubs dürfen nur bis 23 Uhr öffnen.

Färöer

Während der Ólavsøka wurde fröhlich gefeiert, teilweise danach auch privat. Die ehemals coronafreie Inselgruppe mit 52 000 Einwohner brachte es in einer Woche auf 88 aktive Fälle, hauptsächlich unter Einheimischen. Die Labors kommen mit der Auswertung der Tests nicht hinterher. Die Versammlungsobergrenze liegt jetzt 100 Personen. Lokale müssen bereits um 22 Uhr schließen. Zum Schutz der Gemeindemitglieder werden den ganzen August über keine Gottesdienste abgehalten (außer bei Bedarf Taufen und Beerdigungen).

Grönland

Im coronafreien Grönland gelten weiterhin Hygiene- und Abstandsregeln und gewisse Reisebeschränkungen. Es sind nicht mehr als 100 Menschen bei einer Veranstaltung innen erlaubt, draußen 250.  Viele Kultur- und Sportveranstaltungen wurden abgesagt. Künstler protestierten nun dagegen, dass inzwischen Touristen einreisen dürfen, sie aber nicht auf Tournée gehen und nur vor 100 Leuten spielen dürfen.

Alle Inzidenzen nach ECDC.

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