Tromsø: Brasilianischer Gastforscher ein russischer Spion?

Norwegen/Russland. Der norwegische Inlandsgeheimdienst PST war in den vergangenen Wochen so häufig in den Schlagzeilen wie sonst selten. Zurzeit wird gegen eine Reihe russischer Staatsbürger ermittelt, die illegalerweise Drohnen haben fliegen lassen. Am Montag wurde außerdem ein Gastforscher an der Universität Tromsø in Gewahrsam genommen, der selbst angibt, Brasilianer zu sein. PST hält ihn aber für einen russischen Spion. Darüber berichtet NRK.

Tromsø

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Der Mann zwischen 30 und 40 Jahren war Teil einer Forschungsgruppe, die sich „The Grey Zone“ nennt. Diese widmet sich Themen wie Bereitschaft, hybride Bedrohungen und Sicherheit der Gesellschaft. Er kam im Dezember vergangenen Jahres nach Tromsø, zuvor war er in Kanada gewesen. Gegenüber NRK sagten seine Kollegen, ihnen sei nichts Verdächtiges aufgefallen. Welche Beweise PST zu diesen Anschuldigungen bewogen haben, ist nicht öffentlich bekannt. Der Mann bestreitet die Vorwürfe bisher. In den Medien wird die Parallele zu einem Fall in den Niederlanden gezogen – dort wurde ein Mann enttarnt, der sich ebenfalls als Brasilianer ausgab, aber eigentlich russischen Nachrichtenoffizier war.

Keine verdächtigen Fotos gefunden

Insgesamt zehn russische Staatbürger sind noch oder waren zeitweise inhaftiert, weil sie verdächtigt wurden, kritische Infrastruktur fotografiert zu haben. Vier waren bereits vergangene Woche wieder freigelassen worden, weil man auf ihren Fotos nichts Verdächtiges hatte finden können. Sie selbst hatten stets betont, nur Touristen zu sein. Zwei weitere, die am Samstag in Bjerkvik bei Narvik festgenommen worden waren, wurden gestern ebenfalls wieder freigelassen, weil ihr Bildmaterial unproblematisch war.

Russische Drohnenpiloten weiter in Gewahrsam

Weiter in Gewahrsam sind vier Männer, die jeweils Drohnen geflogen hatten. Das Flugverbot, das Norwegen aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine verhängt hat, gilt auch für russische Staatsbürger mit Drohnen. Eine Britin, die eine Drohne in der Sicherheitszone um den Luftwaffenstützpunkt Evenes hatte fliegen lassen, kam mit einer Geldstrafe von 10 000 NOK davon.

Polizei wegen Planet Jupiter alarmiert

Zurzeit herrscht erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber Drohnen in Norwegen, und die Polizei erhält viele Tipps. Man sei froh über die Meldungen, besonders wenn es um kritische Infrastruktur gehe, so ein Polizeivertreter zu NRK. Es müsse aber nicht alles gemeldet werden, was in der Luft fliege. Mehrere eingeschickte Aufnahmen zeigten außerdem keine Drohne, sondern den Planeten Jupiter, der zurzeit besonders gut zu sehen ist.

 

Einen norwegisch-russischen Spionagefall mit umgekehrten Vorzeichen gab es vor einigen Jahren. Der Norweger Frode Berg, der schließlich zugab, Kurierdienste für den norwegischen Nachrichtendienst in Russland ausgeführt zu haben, saß zwei Jahre lang in Moskau in Haft. Dann kam er im Zuge eines Gefangenenaustauschs frei. Ein Rückblick:

Agentenaustausch Russland-Litauen: Auch Frode Berg ist frei

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