Todesfall durch Eisbär: Das Opfer war der Camping-Platzwart

Longyearbyen/Spitzbergen (Norwegen). Der Tod eines Mannes auf dem Campingplatz von Longyearbyen durch einen Eisbären hat gestern bei viele Bestürzung und Betroffenheit ausgelöst. Wie die Polizei inzwischen bekannt gab, handelt es sich bei dem Opfer um den aktuellen Platzwart, Johan Jacobus Kootte, 38, der selbst im Zelt schlief. Besonders bitter: Wegen der wachsenden Eisbärgefahr hatte die Eigentümerin im Frühjahr einen Zaun errichten wollen, aufgrund der Coronarestriktionen wurde daraus aber nichts.

Warnung vor Eisbären – überall auf Spitzbergen. Foto Thomas Christiansen

Das Unglück geschah in der Nacht zu Freitag. Die Inselverwaltung (Sysselmannen), gleichzeitig Polizei, wurde um 3.50 Uhr alarmiert. Kootte war von dem Bären tödlich verletzt worden und starb noch auf dem Campingplatz. Andere Anwesende schossen auf das Tier. Der Eisbär wurde später tot auf dem nahen Parkplatz des Flughafens gefunden. Inzwischen ist bestätigt, dass es sich um den Bären handelt, der vergangene Woche aus Hiorthhamn verjagt worden war, ein dreijähriges männliches Tier. Die anderen sechs Bewohner des Campingplatzes wurden zunächst im Krankenhaus betreut und sind nun im Hotel untergebracht.

„In den 44 Jahren, in denen der Campingplatz existiert, ist so etwas noch nie vorgekommen. Wir sind in einem Schockzustand“, schreibt die Besitzerin des Campingplatzes, Michelle van Dijk, auf der Internetseite. Die Niederländerin war zu dem Zeitpunkt in den Niederlanden, Kootte, ebenfalls Niederländer, hatte die Verantwortung vor Ort. Der letzte Todesfall durch einen Eisbären liegt neun Jahre zurück und geschah 40 Kilometer entfernt von Longyearbyen.

Die Pfosten für den Zaun sind schon vor Ort

Die Wahrscheinlichkeit, auf Spitzbergen einem Eisbären zu begegnen, ist groß – und deshalb sollen sich Menschen auch nur bewaffnet beziehungsweise mit ausgebildeter und bewaffneter Begleitung außerhalb von Longyearbyen bewegen. Der Campingplatz liegt zwar außerhalb Longyearbyens, aber direkt neben dem belebten Flugplatz. Bisher galt er als sicher und soll nachts auch bewacht worden sein. Allerdings hatten van Dijk und ihr Team in den vergangenen Jahren zunehmend mehr Eisbären in der Umgebung beobachtet und deshalb geplant, einen Zaun zu bauen. Die 200 Pfosten wurden im März bestellt und sind bereits vor Ort. Gegenüber NRK sagte sie, der Platzwart hätte nach Spitzbergen fliegen und den Zaun bauen sollen. Doch aufgrund der strengen Corona-Restriktionen sei dies nicht möglich gewesen. Im Sommer sei die Erde dafür zu weich.

Eisbären auf Nahrungssuche

Spitzbergen Ende August 2020: Bis zur nächsten Robbenmahlzeit dauert es noch. Quelle: Istjenesten Norge

Warum sind immer mehr Eisbären in der Nähe von Longyearbyen anzutreffen? Zum einen mag dies ein Zeichen dafür sein, dass sich der Bestand erholt hat, seit er nicht mehr bejagt wird. Zum anderen, und dies sprach auch der deutsche Polarforscher Christian Katlein auf Twitter an, müssen Eisbären immer länger fasten, weil der Klimawandel ihnen die Jagdmöglichkeiten unter den Pfoten wegschmilzt. So gab es zwar im Winter so viel Eis rund um Spitzbergen wie schon lange nicht mehr aufgrund der kälteren Barentssee. Im Mai  erwärmte sich das Meer dann aber schnell – und schon im Ende Mai verzeichnete der norwegische Eisdienst um Spitzbergen weniger Eisfläche als die früheren Durchschnittswerte. Inzwischen ist die gesamte Inselgruppe weiträumig eisfrei.  Die Temperaturen der Sommermonate waren deutlich über den früheren Durchschnittswerten, und im Juli gab es den für 78 Grad Nord ziemlich ungewöhnlichen Temperaturrekord von 21,7 Grad Plus. Das Ende der Schmelzsaison ist noch nicht erreicht. Bis zur nächsten Robbenmahlzeit suchen sich die inzwischen zunehmend hungrigen Bären Alternativen – zum Beispiel in menschlichen Siedlungen.

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Eine Antwort zu Todesfall durch Eisbär: Das Opfer war der Camping-Platzwart

  1. Bernd sagt:

    Ein trauriges Ereignis. Ich möchte aber zwei Dinge im Artikel berichtigen. Zum Einen ist der Flugplatz alles andere als „belebt“, da kommen jeden Tag bloß wenige Flüge an, und sonst ist da absolut nichts los. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass der Campingplatz nachts bewacht wurde. Als ich dort war, war das jedenfalls nicht der Fall. Es wäre angesichts der paar Personen dort gar nicht möglich.
    In lokalen Berichten ist davon die Rede, dass es in den letzten Jahren speziell in Ufernähe Probleme mit Eisbären gab. Insofern stellt sich die Frage, ob ein Campingplatz in einer solchen Lage weitergeführt werden sollte, falls nicht ein wirklich sicherer Zaun erbaut werden kann.

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