Thema Maut: Regierungskrise in Norwegen noch einmal abgewendet

Norwegen. Es sah aus, als würde „bompenger“ Erna Solbergs Vier-Parteien-Regierung sprengen. Vor den Kommunalwahlen am 9. September schien es kein anderes Thema mehr zu geben als die Maut. Solberg (Høyre) hatte gestern Abend ein Ultimatum gestellt – und damit letztlich alle dazu gebracht, ihrem Entwurf zuzustimmen. Darüber berichtete NRK.

Tromsøbrua

Die Tromsøbrücke wurde zehn Jahre lang mit Maut abbezahlt und ist jetzt kostenfrei.

Für motorisierte Touristen ist bompenger die Rechnung, die Monate nach dem Norwegen-Urlaub ins Haus flattert und noch einige Euro drauflegt. Die Autonummern werden von der Kamera erfasst. Einerseits wundert man sich, dass ein Hochsteuer-Land wie Norwegen es nötig hat, noch zusätzlich Geld für neue Straßen und Brücken zu nehmen. Andererseits lässt sich leicht überschlagen, dass die Infrastruktur in Norwegen einfach teurer ist: Berge und Fjorde sind nett anzusehen, aber nicht so schnell asphaltiert wie platte Pampa. Und die Kilometer verteilen sich auf viel weniger Personen. Die teuren Tunnel und Brücken werden über eine Maut refinanziert, aber irgendwann sind sie abbezahlt.

Bompenger für den Klimaschutz

Es sind aber auch immer mehr Stadtkerne  von einem kostenpflichtigen „bomring“  oder gleich mehreren umgeben. Diese bomringer sind eine dauerhafte Maßnahme, die nicht nur dem Unterhalt der Infrastruktur dienen, sondern auch den Verkehr in der Innenstadt reduzieren sollen, für mehr Lebensqualität und zum Klimaschutz. In der Regel gibt es bei einer kommunalen Citymaut eine Obergrenze. Der Erfolg des Elektroautos in Norwegen ist verknüpft damit, dass diese lange Zeit vom bompenger befreit waren. 

Bodø Sentrum

Wer mit dem Auto in die Innenstadt von Bodø will, zahlt bereits.

Immer mehr Orte beschließen die Einführung einer Citymaut – auch deshalb, um Autofahrer zum Umsteigen in die kollektiven Verkehrsmittel zu bewegen. Selbst Harstad und Bodø nehmen bompenger. In Tromsø ist die Einführung beschlossen, aber noch nicht umgesetzt (geplante Stationen hier). Tromsø ist deshalb einer der Orte, in denen sich aktuell vor der Kommunalwahl der Protest gegen bompenger sammelt. Dort sind viele auch kritisch gegenüber einer Maut beim zukünftigen Ausbei der E8 am Ramfjord – die Einfahrt nach Tromsø.

Bompenger als Prestigeprojekt für Frp und Venstre – auf gegensätzlichen Positionen

Es gibt viele Norweger, die die Nase voll von noch mehr Abgaben haben – und von der rechts-neoliberalen Frp (Fremskrittspartiet), die zwar prinzipiell gegen Maut ist, sie als Regierungspartei aber mitgetragen hat. Sowohl das Verkehrsministerium als auch das Finanzministerium sind in Frp-Hand. Die neue Partei „Folkeaksjonen nei til mer bompenger“ sammelt den Frust. Für die Frp ist es deshalb politisch überlebensnotwendig, in Sachen Maut auf die Bremse zu treten. Es ist ebenso ein Markenkern dieser Partei wie eine restriktive Ausländerpolitik. 

Die liberale Partei Venstre hat das gegenteilige Problem: Sie muss ihren Wählern beweisen, dass ihre Regierungsbeteiligung Sinn macht, obwohl man die Frp eigentlich ablehnt. Das geht nur über Erfolge beim Umweltschutz. Dass die Lofoten, Vesterålen und Senja in dieser Legislaturperiode von Ölfirmen verschont bleiben, ist ihr Verdienst, aber das reicht nicht. Venstre steckt im Umfragetief. Mit billigem Autofahren in der Innenstadt kann sie bei ihren Wählern aber nicht punkten.

Kommunalwahl am 9. September

Zwar handelt es sich bei der Wahl am 9. September um eine Kommunal- und Fylketings-Wahl.  Deren lokal erhobene Gebühren sind aber davon abhängig, welche Mittel sie zweckgebunden aus Oslo bekommen. Um diese geht es in der aktuellen Verhandlung, und damit eben auch um die Frage, wie viel oder wenig Maut vor Ort gezahlt werden muss.  Außerdem geht es um die Mauthöhe an einigen Schlüsselstrecken und zukünftigen Ausbauprojekten.

Hålogalandsbrücke

 Hålogalandsbrücke  bei Narvik: schnelle, teure Abkürzung

Seit Wochen wurde darüber diskutiert, ohne dass es eine Einigung gab. Nach einem weiteren Tag fruchtloser Diskussion lud Premierministerin Erna Solberg von den konservativen Høyre gestern Abend um 20.45 Uhr zur Pressekonferenz und erklärte den Journalisten, man könne nicht ewig diskutieren. Sie habe nun einen endgültigen Entwurf vorgelegt und erwarte bis Montag Antwort von den Koalitionspartnern. Die Christdemokraten und Frp  stimmten sofort zu. Um 23 Uhr sagte dann auch Venstre ja.

Solbergs Vorschlag beinhaltet höhere staatliche Zuschüsse für lokale Projekte, die dadurch die Maut senken und gleichzeitig  den ÖPNV verbessern sollen. Außerdem soll die Maut an einigen Strecken reduziert werden. Dazu gehört auch die neue Hålogalandsbrücke bei Narvik, die knapp 13 Euro kostet. Eventuell wird aber auch nur die Maut auf dem Weg um den Rombakfjord entfernt – hier zahlt man aktuell am neuen Trældaltunnel. Der E8-Ausbau bei Tromsø soll ohne Maut bleiben. Die ganze Liste gibt es hier.

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