Ohne Fliegen an den Polarkreis?

Heute werden wieder Tausende von Schülern auf die Straße gehen und den Unterricht bestreiken, damit die Politik das Klimaproblem ernst nimmt – nach dem Vorbild der schwedischen Schülerin Greta Thunberg, die damit vergangenen Herbst begann. Und es ist zweifellos die Politik, die gefragt ist, wenn es länderübergreifend effektive Maßnahmen geben soll.

Arlanda

Geht es auch ohne Fliegen?

Für alle, die wie ich vom Fernweh extrem geplagt sind, ist die Frage nach dem Fliegen die härteste, wenn es darum geht, auch persönlich sein Verhalten klimafreundlich auszurichten. Als Anregung dafür, was alternativ möglich ist, zwei getestete Vorschläge, wie man vergleichsweise einfach ohne Flugzeug an den Polarkreis  reisen kann, sofern man die Zeit hat. Dies ist natürlich nur eine Auswahl von vielen Möglichkeiten.

Wie einfach es tatsächlich wird, hängt in der Praxis vom Wohnort ab. Hat man wie in Kiel die Fähren nach Göteborg oder Oslo direkt vor der Tür, erleichtert das den Start enorm. Ich verweise  außerdem auf die Nachtzüge der ÖBB in Deutschland sowie auf die  Verbindung Göteborg-Kopenhagen mit dem X 2000, die zwischen dem 24. Juni und dem 18. August bedient wird. Meine Vorschläge gehen davon aus, dass man es bereits nach Schweden geschafft hat.

  1. Der Weg ist das Ziel: Inlandsbanan

Inlandsbanan

Inlandsbanan auf der Brücke über den Piteälv: Hier dürfen die Passagiere ausnahmsweise auch mal über Gleis laufen

Wald, Wald, Wald, ein paar wilde Flüsse, Seen, und höchstwahrscheinlich stehen irgendwo Rentiere auf dem Gleis. Das ist die Fahrt mit der Inlandsbahn von Kristinehamn/Mora nach Gällivare. Die scheinbare Einöde bietet interessante Geschichten, die die jeweilige Zugbegleitung auch mehrsprachig erzählt. Die Bahn wurde ursprünglich gebaut, um das Hinterland zu erschließen. Der erhoffte Aufschwung dadurch blieb aber aus. Heute fährt sie nur noch während der Sommermonate für Touristen. Die Zwischenstopps sind in den wenigen Orten, die es gibt, und auch mal eine provisorischen Haltestelle bei einem Lokal. Es gibt unterwegs sehr gute Möglichkeiten, lokale Spezialitäten zu probieren, aber niemand muss. Der Zug wartet während dieser Aufenthalte, kein anderer benutzt mehr diese Strecke. Die Inlandsbahnen treffen sich nur an den bekannten Stellen. Man darf die Zugfahrt mit der „Inlandsbanekort“ beliebig unterbrechen und in den folgenden Tagen fortsetzen.

Polarkreis

Überqueren des Polarkreises mit der Inlandsbahn, Schweden

Aufgrund der vielen Zwischenstopps – mal zur Ortsbesichtigung, mal für ein kleines Museum mit Kaffee und Bullar, und natürlich für den Polarkreis – ist dieser Weg in den Norden nicht der schnellste. Selbst wenn man nicht unterbricht, dauert es zwei Tage (Übernachtung in Östersund). Passend zur Umgebung empfehle ich als Reiselektüre Kerstin Ekmans „Geschehenisse am Wasser“ („Händelser vid vatten“). Man kommt allerdings möglicherweise nicht so viel zum Lesen, wie man es angesichts der langen Strecke vielleicht dachte.

Die Inlandsbahn folgt ungefähr der Route, die auch die E45 („Inlandsvägen „) nimmt.

Preis: 1995 SEK für zwei Wochen „Inlandsbanekort“, das Interrailticket gilt auch.

Zeiten: Zwischen Mora und Östersund verkehrt die Linie vom 6. Juni bis zum 18. August. Vom 30. Juni bis zum 11. August verkehrt sie auch auf der Strecke Kristinehamn-Mora.

Bei Jokkmokk hat man den Polarkreis bereits erreicht. Bei Ausstieg schon in Jokkmokk: Weiterreise mit dem Linienbus nach Kvikkjokk, dort trifft man auf den Kungsleden und es geht in den Nationalpark Sarek.

Rückreise von Jokkmokk: Bus nach Murjek, von dort Nachtzug nach Stockholm.

Endstation ist in Gällivare.

Möglichkeiten von Gällivare aus: Bus nach Ritsem und den Nationalpark Stora Sjöfallet.

Bus oder Zug nach Kiruna, Abisko, Riksgränsen und Narvik.

Rückweg: Mit dem Nachtzug nach Stockholm, von da weiter nach Göteborg

2) Der schnellere  Weg: Mit dem Nachtzug zum Polarkreis

Schlafwagen

Schlafwagenabteil vor dem Umbau

Die schwedischen Nachtzüge sind nicht so teuer, wie man es angesichts der Strecke vermuten würde. Vor allem ist es erschwinglich, so zu reisen, dass man die Strecke auch wirklich zum Schlafen nutzen kann, weil die Aufschläge für Liege- und Schlafwagen gering sind. Buchbar sind Abfahrten von Göteborg oder Stockholm nach Luleå sowie weiter  nach Gällivare/Kiruna/Abisko/Riksgränsen/Narvik (Norwegen)  direkt oder mit Umsteigen in Boden (hängt von den Tagen ab). Die Wagen sind nicht mehr ganz neu und haben kein WLan, die Strecke dauert auch (Stockholm-Gällivare etwa 14 Stunden). Es gibt aber einen Restaurantwagen für Abendessen/Frühstück.

Preise und Zeiten siehe SJ.

Möglichkeiten ab Luleå: Ostseeküste und Schärengarten , Weiterreise an der Küste per Bus, z.B. Haparanda/finnische Grenze, Tornio

Gällivare: Bus nach Stora Sjöfallet/Ritsem zum Nationalpark Stora Sjofallet.

Kiruna: Bus nach Nikkaluokta, von da aus Wanderweg zur Kebnekaise Fjällstation, zum Kebnekaise und Anschluss an den Kungsleden.

Abisko: Start des Kungsleden praktisch direkt neben dem Bahnhof Abisko Turiststation.

Riksgränsen und andere Hochgebirgsorte: Wandern in verschiedene Richtungen möglich.

Narvik (Norwegen) , Anschluss an das norwegische Busnetz, u.a. auf die Lofoten, Tromsø.

Rückfahrt: Wieder mit dem Nachtzug.

Mehr zum Thema: Reisen mit der Bahn sowie Reisen mit dem Bus

Nachtrag: Erfahrungen zu Nachtzügen in Finnland und Norwegen bei Mahrko (Reiseblog).

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