Norwegen. Ein Streit um die Kooperation mit der EU führte nun zum Bruch in der norwegischen Regierung. Die Zentrumspartei beendete die Koalition mit der sozialdemokratischen Arbeiterpartei von Premierminister Jonas Gahr Støre. Støre braucht nun acht neue Minister, wird aber bis zum nächsten regulären Wahltermin im September 2025 weiter eine Minderheitsregierung führen. Darüber berichtete unter anderem NRK. Minderheitsregierungen sind in Skandinavien üblich und das norwegische System sieht gar keine vorgezogenen Neuwahlen vor.
Jonas Gahr Støre, Arbeiderpartiet. Foto Storting
Dass es kritisch werden könnte, war schon seit mindestens einer Woche klar. Auslöser waren unterschiedliche Ansichten zum vierten Energiepaket der EU. Norwegen ist zwar nicht EU-Mitglied, aber Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums. Als solches hat Norwegen ein Kooperationsakommen unterzeichnet, das ihm Zugang zum inneren Markt der EU gibt. Damit ist Norwegen auch verpflichtet, gewisse Regeln einzuhalten. Das vierte Energiepaket der EU stammt aus dem Jahr 2019, und Brüssel hatte bereits Druck auf Norwegen ausgeübt, sich dem anzuschließen.
Mehr Macht für ACER – in Norwegen nicht gewollt
Trygve Slagsvold Vedum, Senterpartiet. Foto Storting
Besagtes Energiepaket besteht aus vier Verordnungen und vier (weniger bindenden) Direktiven. Drei davon, die inhaltlich für Norwegen vergleichsweise wenig problematisch sind, hatte Støres Energieminister zur Abstimmung stellen wollen. Trygve Slagsvold Vedum, Vorsitzender der Zentrumspartei (Senterpartiet) und bis gestern Finanzminister, lehnt jedoch das EU-Energiepaket als Ganzes ab, da darin die Zuständigkeiten der EU-Energieagentur ACER ausgeweitet werden. Støre hatte zwar zugesichert, dass die andern fünf Vorschriften/Direktiven – zu denen die zu ACER gehört – in der aktuellen Situation nicht kommen werden. Das war Vedum und seiner Partei allerdings nicht genug.
Verteuert Export die norwegischen Strompreise?
In Norwegen gibt es schon seit längerem eine Diskussion darüber, ob die enge Koppelung an den europäischen Strommarkt noch norwegischen Interessen dient oder ob sie nicht die Strompreise im Land verteuert. Norwegen liefert über Seekabel Strom nach Deutschland, die Niederlande und Großbritannien.
Erprobtes Modell Minderheitsregierung
Schon die Regierung aus Arbeiter- und Zentrumspartei war eine Minderheitsregierung gewesen. Die Sozialistische Linkspartei (Sosialistisk Venstreparti, SV) hatte anfangs mit um einen Koalitionsvertrag verhandelt, war dann aber ausgestiegen, weil der „zu wenig rot und grün“ ausfiel. SV unterstützte aber den Haushalt der Koalition gegen Zugeständnisse – zuletzt war dies die Verschiebung des Tiefseebergbaus für ein Jahr. Ähnlich dürfte es nun bis zur Wahl am 8. September 2025 auch mit der Zentrumspartei laufen. Die Partei hat angekündigt, auch in der Opposition sachlich und konstruktiv zu sein. Man wünsche allerdings ein andere Energiepolitik.
Zur Regierungsbildung nach der Wahl 2021:
