Kiruna. Noch steht Kirunas neues Rathaus ziemlich einsam im zukünftigen Stadtzentrum. Das wird bald anders aussehen: Kommunalrätin Kristina Zakrisson stellte die Projekte vor, die nun beginnen. Da ist es nützlich, dass der Bergbaukonzern LKAB gerade gut verdient hat – er muss die meisten Rechnungen bezahlen.
Seit mehr als 100 Jahren wird in Kiruna Erz abgebaut. 27,2 Millionen Tonnen waren es im vergangenen Jahr. Immer tiefer – und immer näher an der Stadt. Das hat Folgen. Rathaus, Feuerwehr, Schwimmhalle, Geschäfte und Wohnungen – Kirunas altes Zentrum wird in den nächsten Jahren Stück für Stück abgerissen, weil der Boden darunter nicht mehr lange sicher ist.
Für all das braucht es Ersatz – das ganze Stadtzentrum wird rund drei Kilometer weiter östlich verlegt. Das neue Rathaus ist fast fertig, vom alten kann man sich gerade in diversen Sonderveranstaltungen verabschieden. Andere Projekte haben gerade erst begonnen. Prinzipiell muss der Bergbaukonzern den Ersatz bezahlen. Die Kommune investiert aber auch selbst, drei bis vier Milliarden schwedische Kronen (umgerechnet rund 300-400 Millionen Euro), um eine umwelt- und nutzerfreundliche, aber auch kosteneffektive neue Infrastruktur zu schaffen.
So sollen ab Mai die Wände für das neue Folkets Hus wachsen, in dem dann auch die Bibliothek, sowie Konferenz- und Kongressräume Platz finden. Kommendes Jahr ist der Baubeginn für die neue Schwimmhalle geplant. Und 2020 bekommt dann die höhere Bildung ihr neues Zentrum – mit Gymnasium und Sporthalle.
Auch neue Wohnungen sind im Bau – von der stadteigenen Wohnungsgesellschaft, vor allem aber von LKAB direkt. Das ist auch dringend notwendig, denn zum einen wurden bereits Häuser abgerissen, zum anderen wurde aufgrund der unsicheren Lage lange nicht investiert und die Wohnungsnot ist groß.
Gleichzeitig kündigte die Verkehrsbehörde (Trafikverket) auch die ersten Arbeiten für die neue E 10 an, die bis jetzt noch neben der Einsturzzone verläuft. Sie wird künftig nördlich der Stadt geführt. Die E 10 führt von Luleå über Kiruna nach Narvik, also von Küste zu Küste.
Was in der Zusammenfassung schnell und einfach klingt, ist es nicht für diejenigen, die das Mammutprojekt Stück für Stück nach den Regeln eines demokratischen Staates umsetzen. So wurde der Bebauungsplan für das alte Zentrum, das LKAB künftig die Nutzung für den Bergbau erlaubt, in der Kommune nur nach langer Diskussion mit knapper Mehrheit beschlossen. Inzwischen hat auch eine Privatperson dagegen Klage eingereicht – nicht die erste im Zusammenhang mit dem Stadtumzug, der seit 2004 schon viele kontroverse Diskussionen verursachte. Nur eins stand nie wirklich zur Debatte: den Erzabbau zu stoppen. Denn ohne das gute Einkommen der LKAB-Mitarbeiter wäre auch ein Großteil der übrigen Branchen in Kiruna plötzlich ohne Kunden.
Die Kosten für den Umzug muss LKAB erst einmal erwirtschaften. Gerade läuft es gut für den staatseigenen Konzern: Mit 7, 3 Millionen Tonnen Erz gab laut Pressemitteilung es im ersten Quartal 2018 einen neuen Produktionsrekord für ein Vierteljahr. Es gab zwar schon einmal deutlich höhere Preise dafür, aber immerhin lagen sie nun wieder bei im Durchschnitt 74 Dollar pro Tonne. In Ergebnis ergab dies einen Gewinn von 2,3 Milliarden Kronen, von dem aber noch die Kosten für die Strukturmaßnahmen in Kiruna und auch in Malmberget und Gällivare abgezogen werden müssen. Als Quartalsergebnis nennt der Konzern deshalb 1,561 Millionen Kronen – nicht so viel wie im Vorjahr, aber mehr als im vorherigen Quartal. Dass das Stahlgeschäft kein Selbstgänger ist, weiß die Konzernspitze nach dem Auf und Ab der vergangenen Jahrzehnte allerdings nur zu gut. Und mit den amerikanischen Strafzöllen tritt ein weiterer Unsicherheitsfaktor hinzu.
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