Finnland/Schweden. Die ersten Blaubeeren und Moltebeeren sind reif. Seit Wochen wird in Finnland und Schweden darüber diskutiert, wer sie denn pflücken wird. Denn in diesem Jahr wurden nur sehr wenig Visa für thailändische Beerenpflücker ausgestellt. Dahinter steht der Versuch der Behörden, die extreme Ausbeutung, wie sie einige Unternehmen betreiben, zu verhindern. In Schweden wurden jüngst zwei Beerenunternehmer deshalb verurteilt, ein großer Prozess in Finnland läuft noch.
Selbstverständlich sammeln auch Finnen und Schweden Beeren im Wald. Manche nur für den privaten Gebrauch, andere in größerem Umfang. Letztere verkaufen ihre Ware dann aber auch lieber selbst, auf dem Markt oder über lokale Gruppen im Internet. Die Preise der Beerenaufkäufer sind für private Sammler nicht mehr attraktiv genug.
Unternehmen, die im großen Stil nordische Waldbeeren verarbeiten und vertreiben, setzen seit Jahren auf Pflücker aus Thailand. Es sind natürlich die Negativ-Beispiele, die bekannt werden – zum Beispiel 2023 aus Åsele im schwedischen Västerbotten. Dort wandten sich gut 40 Beerenpflücker letztlich an die Kommune, weil sie extrem lange Arbeitstage hatten, nicht ausreichend Essen bekamen und teilweise sogar im Wald schlafen mussten. Wie SVT berichtet, versuchten die Pflücker zu überleben, indem sie Pilze aßen und sich die Reste von Wildtieren zubereiteten, die Jäger im Wald gelassen hatten.
Gefängnis für Beerenunternehmer aus Åsele
Das Unternehmerpaar versuchte sich damit herauszureden, dass sie ja nur die Beeren aufgekauft hätten. Die Staatsanwältin hatte dagegen sogar auf Verurteilung wegen Menschenhandel plädiert. Das Paar wurde zu zweieinhalb Jahren Gefängnis wegen Ausbeutung verurteilt, erhielt sieben Jahre Berufsverbot und auch der mit ausbeuterischen Methoden erzielte Gewinn wurde eingezogen. Die neun Beerenpflücker, die geklagt hatten, erhielten eine Entschädigung.
Vorwurf Menschenhandel und Bestechung
Ein noch umfangreicherer Prozess läuft in Finnland gegen den früheren Geschäftsführer eines einst namhaften Beeren- und Wildprodukte-Unternehmens. Über den Stand berichtete jüngst Hufvudstadbladet. Die Anklage lautet ebenfalls Menschenhandel, es geht um 77 Vorfälle aus 2022. Der Geschäftsführer und eine weitere Person solle außerdem einen hohen Ministeriumsmitarbeiter bestochen haben. Der Beamte ist vom Dienst suspendiert und ebenfalls angeklagt. Ein weiteres Verfahren läuft in Finnland gegen einen anderen Beerenunternehmer, angeklagt wegen Menschenhandel in 56 Fällen. Angeklagt ist auch ein thailändische Vermittler, der für beide Unternehmen Personal rekrutiert hat.
Weniger Beerenpflücker in diesem Jahr
Finnland prüft nun noch strenger die Visumsanträge von Leute, die zum Beerenpflücken kommen wollen. In diesem Jahr wurden nur 900 Gesuche bewilligt, es waren 1300 Anträge. In Schweden waren es 2447 Anträge, 1 278 davon wurden abgelehnt. In der Vergangenheit pflückten in Schweden zwischen 4000 und 6000 Leute aus Thailand Beeren, in Finnland bis zu 3500.
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Menschenhandel? Ermittlungen gegen Beerenunternehmen
Nützliches zum privaten Beerenpflücken: