Vapsten-Urteil: Der lange Schatten der samischen Zwangsumsiedlung

Lycksele (Schweden). Das Amtsgericht von Lycksele hat entschieden, dass Vapsten Sameby das alleinige Recht auf die Rentier-Weideflächen innerhalb der aktuellen Grenzen hat. Damit bestärkt es den Status Quo. Darüber berichtete SVT. Die Kläger, Vapsten Lappby, haben allerdings einen historischen Grund für ihre Unzufriedenheit. Hintergrund für den Konflikt ist die Zwangsumsiedlung nordschwedischer Samen in den 1920er und -30er Jahren.

Sápmi.

Sápmi, das Land der Samen, in vier Ländern. Karte auf Basis von Rogper/ Wikimedia CC BY-SA 30

Über Jahrhunderte richteten die Samen ihre Wege danach, wo die Rentiere Futter fanden. Im Norden war Platz. Der schrumpfte zwar mit neuen Siedlern und dem Bergbau. Richtig schwierig wurde es jedoch erst, als die Länder anfingen, ihre Grenzen im Norden für Rentiere zu schließen. Das russisch gewordene Finnland ließ ab 1852 keine Rentiere aus Norwegen und ab 1888 auch keine aus Schweden mehr hinein. Das führte zu umfangreichen Veränderungen für die Samen in den Grenzgebieten, die sich neue Möglichkeiten suchen mussten. Nach der Auflösung der Union von Schweden und Norwegen wurde es auch schwieriger für die schwedischen Samen in Norwegen. Ab 1919 galt eine neue Konvention, bei der einige ihre Rechte in Norwegen komplett verloren, für andere wurde es stark eingeschränkt. Der schwedische Staat schickte diese in die südlichen Landesteile. Die dortigen Samen wurden nicht gefragt. Das führte zu Konflikten.

Vapsten Sameby und Vapsten Lappby

Die Vorfahren der heutigen Rentierhalter des Vapsten Sameby kommen aus Karesuando an der finnischen Grenze und gehörten zu denen, die mit ihren Tieren nicht mehr nach Finnland und Norwegen durften. Der Staat schickte sie nach Süden in die Gegend um Tärnaby (Västerbotten). Dort gab es allerdings schon Rentierhalter, Vapsten Lappby. Die Koexistenz funktionierte nicht – und in dieser Region zogen die Alteingesessenen den Kürzeren. Bei der Neuorganisation 1975 wurden die aus dem Norden eingewanderten Rentierhalter zu Vapsten Sameby, mit allen Rechten. Inklusive den Entschädigungszahlungen für den Wasserkraftausbau, wie der SVT-Reporter in einem Erklärvideo von 2020 anmerkt – und mit Wissen und Unterstützung der damaligen Regionsverwaltung von Västerbotten. „Die ursprünglichen Samen von Vapsten standen plötzlich ganz ohne Rechte da.“ Doch erst Jahrzehnte später kam es zu einer Klage.

Erstes Urteil wegen Verfahrensfehler aufgehoben

In einem ersten Prozess kam das Gericht in Lycksele zu dem Urteil, beide hätten das Recht auf Rentierhaltung innerhalb den Grenzen von Vapsten. Mit diesem Urteil waren beide nicht zufrieden und kündigten an, in Berufung zu gehen. Das Urteil wurde dann aber wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben und der Prozess musste neu aufgerollt werden. Diesmal fiel das Ergebnis zugunsten der aktuellen Praxis aus. Die Vapsten-Lappby-Samen, die sich um ihre Rechte betrogen sehen, haben aber bereits angekündigt, in die nächste Instanz zu gehen.

Immer weniger Platz für Rentierhaltung

Was eine Kompromisslösung in diesem Fall so schwierig macht, sind zum einen die Emotionen zwischen beiden Seiten, aber auch, dass die verfügbare Fläche für Rentierhaltung aufgrund anderer Landnutzung immer mehr schrumpft.

Hintergrund zu Sápmi:

Sápmi – das Land der Samen

Andere Gerichtsentscheidungen zum Thema:

Gericht: Schwedisches Sameby darf Weideflächen in Norwegen nutzen

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