Island: Lawinen in den Westfjorden wecken Erinnerungen an Unglücke

Island. Die jüngsten Lawinen in den Westfjorden haben auf Island schlimme Erinnerungen wachgerufen: an das Jahr 1995, wo insgesamt 34 Menschen bei Lawinen ihr Leben verloren. Die Barrieren in Flateyri verhinderten diesmal Schlimmeres. Doch die Lawinengefahr in den Westfjorden ist weiterhin hoch, und nicht überall gibt es Schutzwälle.

Lawinen Flateyri

Zugbahn der Lawinen von Flateyri 2020 sowie 1995 (orange). Bei Vergrößerung (klicken) sind auch die Wälle besser sichtbar. Quelle Veðurstofa Íslands

Die Barrieren oberhalb von Flateyri sind so gestaltet, dass die Schneemassen vom Dorf weggelenkt werden. Nach den ersten Untersuchungen der Wissenschaftler des isländischen meteorologischen Instituts (Veðurstofa Íslands) gehörten die beiden Lawinen in Flateyri zu den kräftigsten, die je auf einen solchen Schutzwall einstürmten. Ganz hat es nicht gereicht, es gab Stellen, an denen der Schnee auch ein Stück über den Wall kam. Ein Haus wurde dabei mit Schnee gefüllt, dabei wurde ein 14-jähriges Mädchen verschüttet. Die Mutter war mit zwei jüngeren Geschwistern aus dem Fenster geklettert. Lokale Rettungskräfte waren schnell vor Ort und gruben die 14-Jährige in einer guten halben Stunde frei. Sie hatte wie nachts üblich im Bett gelegen. Ihre Decke schützte sie etwas vor Kälte. Die Familie wurde mit dem Küstenwachschiff þor nach Isafjörður gebracht, wo das Mädchen eine Nacht im Krankenhaus verbrachte. Inzwischen ist es wieder entlassen worden.

In Flateyri ist außerdem der Bootshafen schwer beschädigt worden, von sieben Booten sind sechs mehr oder weniger versenkt worden. Die Aufräumarbeiten sind wegen immer neuer Unwetter nicht einfach. Dabei geht es vor allem darum, Umweltschäden  durch Öl und Treibstoff zu verhindern.

In derselben Nacht war auch eine Lawine in den benachbarten Súgandafjörður abgegangen. Dadurch entstand eine Flutwelle, die das gegenüberliegende Dorf Suðureyri traf. Dort gibt es zwar eine Barriere, deren Höhe aber nicht ganz ausreichte. Wasser drang in ein Haus ein und es gab diverse Schäden am Ufer.

1995: Zwei Lawinen, 34 Tote

Flateyri Lawine Weg

Weg der Lawine von Skollahvilft hinab. Von dort kam auch die Lawine 1995. Auf der Außenseite des Schutzwalls sind die Abschürfungen zu erkennen. Foto Óliver Hilmarsson, Veðurstofa Íslands

Mit Erleichterung hat die isländische Öffentlichkeit wahrgenommen, dass  das Mädchen gerettet wurde und dass es diesmal „nur“ Sachschäden gab. Das Jahr 1995 war anders verlaufen, und es betraf ebenfalls die Westfjorde: Am 16. Januar ging eine Lawine in Suðavík am Álftafjörður (nahe Ísafjörður) nieder. 14 Menschen verloren dabei ihr Leben, darunter acht Kinder. Um solche Unglücke künftig zu verhindern, wurde der Ort ein Stück weiter weg neu aufgebaut. Alte Häuser werden nur noch im Sommer genutzt. Nur wenige Monate später, am 26. Oktober, ging dann eine Lawine über Flateyri nieder. Dabei starben 20 Menschen. Deshalb wurden die Barrieren oberhalb des Dorfes angelegt. Hätte es sie nicht gegeben, hätte der Ort angesichts der Lawinengefahr evakuiert werden müssen (Quellen: RÚV, RÚV English, Reykjavík Grapevine, Iceland Monitor).

Flateyri gehört zur Kommune Ísafjarðarbær. Vísir fragte Bürgermeister Guðmundur Gunnarsson, ob man sich in Flateyri mit den Barrieren nicht in falscher Sicherheit gewogen habe. Diese Frage stelle sich jeder, auch die Orte, die ebenfalls einen Lawinenschutz haben, so der Bürgermeister. Er forderte eine neue Überprüfung der Lawinensituation. Außerdem erinnerte er daran, dass noch nicht alle Maßnahmen umgesetzt seien, die damals zum Lawinenschutz beschlossen seien.

Infoseite zu Lawinengefahr auf Island: Snjóflóðaspá / Avalanche forecast

Artikel zu früherem Unwetter auf Island: Island: Mindestens 80 Pferde im Schnee-Unwetter umgekommen

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