Erdogan-Puppe und Koranverbrennung in Schweden: Türkei in Wut

Schweden. Um der NATO beitreten zu dürfen, braucht Schweden die Zustimmung der Türkei. Diese scheint aktuell in weiter Ferne. Denn Aktionen, die in Schweden als freie Meinungsäußerung gelten, werden von der türkischen Regierung als ein Zeichen gesehen, dass Schweden es eben nicht ernst meint mit der Unterstützung eines zukünftigen Bündnispartners. Außerdem hat Schweden bisher nur wenige Personen ausgeliefert. Mit Update.

Puppe mit Erdogan-Gesicht

Puppe mit Erdogan-Maske vor dem Stockholmer Rathaus. Quelle Rojavakommittéerna

Drei Aktionen stießen in der Türkei besonders auf (Siehe SVT-Video):

  • Die Satiresendung „Svenska Nyheter“ verglich Erdogan unter anderem mit einem Bett von Ikea und ließ dabei auch einen kurdischen Sprecher ans Mikro.
  • Die Rojavakomittees hängten in Stockholm eine Puppe mit Erdogan-Maske kopfüber auf. Die Aktion sollte daran erinnern, wie es anderen Diktatoren gegangen ist. Die Rojavakomittees sind auch gegen den Beitritt zur NATO, weil dies eine Allianz mit Erdogans Türkei bedeuten würde.
  • Der dänische Rechtsextreme Rasmus Paludan verbrannte vor der türkischen Botschaft in Stockholm einen Koran – im Zuge einer genehmigten Kundgebung. Dagegen hatte die Türkei bereits vorab protestiert.

Paludan – ein bekannter rechter Hetzer

Rasmus Paludan ist in Dänemark wegen Volksverhetzung verurteilt worden und erhielt 2020 ein zweijähriges Einreiseverbot in Schweden aufgrund einer geplanten Aktion. Paludan hat jedoch einen schwedischen Vater und konnte so das Recht auf schwedische Staatsbürgerschaft geltend machen. Damit konnte man ihm die Einreise nicht mehr verweigern. Ostern 2022 zog Paludan durch ganz Schweden und verbrannte öffentlich Korane. An manchen Orten kam es zu massiven Krawallen, an anderen kümmerte sich kaum jemand darum.

Türkei lädt schwedische Politiker wieder aus

Nach Paludans jüngster Koranverbrennung in Schweden kam es vor dem schwedischen Konsulat in Istanbul zu Protesten, und es wurden schwedische Flaggen verbrannt, auch in anderen Städten gab es Demonstrationen, berichtet SVT. Geplante diplomatische Treffen wurden abgesagt: Der schwedische Parlamentssprecher Andreas Norlén wurde nach der Aktion mit der Erdogan-Puppe von Ankara ausgeladen, der Verteidigungsminister Pål Jonsson aufgrund der Koranverbrennungen. Und die Liste der Personen, die ausgeliefert werden sollen, wuchs auf 130. Einige Auslieferungen waren von Gerichten gestoppt worden, zum Beispiel die von Journalist Bülent Kenes.

„Rechtlich zulässig, aber nicht angemessen“

Premierminister Ulf Kristersson hatte die Aktion mit der Erdogan-Puppe „abscheulich“ genannt und „Sabotage am schwedischen NATO-Prozess“. Er kritisierte auch die Koranverbrennungen: Nicht alles, was rechtlich zulässig sei, sei auch angemessen. Eine Einschränkung des Rechtes auf freie Meinungsäußerung steht allerdings nicht zur Debatte. Und als in Schweden bekannt wurde, dass der Außenminister in der Türkei das Verbot der PKK-Flagge in Aussicht stellte, war der Aufschrei in Schweden groß: Die Türkei habe nicht die schwedischen Gesetze zu bestimmen. Die PKK ist in Schweden zwar als terroristische Organisation eingestuft, das Zeigen der Flagge ist jedoch von der Meinungsfreiheit gedeckt – wie Koranverbrennungen und das Aufhängen von Puppen.

Update 21.30 Uhr: Erdogan soll nun geäußert haben, dass es nach der Koranverbrennung keine Zustimmung für Schweden in der NATO geben wird, berichtete SVT.

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Preis für Nato-Beitritt: Unsicherheit für Kurden in Schweden und Finnland

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