Arktis. Dünnes einjähriges Eis und viel offenes Wasser: Was die Wissenschaftler an Bord der „Polarstern“ 2020 noch verblüffte, erlebte nun auch das Team an Bord des norwegischen Forschungsschiffes „Kronprins Haakon“. In nur neun Tagen schafften sie die gesamte Strecke von Tromsø zum Nordpol – inklusive Zwischenstopp in Longyearbyen.
„Die großen Flächen offenes Wasser haben uns überrascht. Wir hatten eine geschlossene Eisdecke erwartet, gerne mit mehrjährigem Eis. Das Nordpolarmeer ist definitiv dabei, sich zu ändern.“ So äußerte sich Expeditionsleiter Ole Arve Misund, nachdem der Nordpol erreicht war, auf der Webseite des Norwegischen Polarinstituts. Bilder vom selben Tag unterstreichen seinen Bericht. Mit an Bord ist auch Meereisforscher Mats Granskog. Vor zehn Jahren landete er noch für ein Forschungsprojekt mit dem Flugzeug auf dem Nordpol. Das wäre heute gar nicht mehr möglich, stellt er fest – das Eis sei nicht mehr solide genug dafür. Er dokumentiert das Eis, das sie vorfinden. Meistens sei es etwa einen Meter dick gewesen – „Das ist ziemlich dünn, verglichen mit vor zehn Jahren.“ Das meiste sei Eis aus dem vergangenen Winter. Das entspreche dem Trend, den man in den vergangenen Jahre gesehen habe.
Beobachtungen vor Ort bestätigen Satellitenmessungen
Die Beobachtungen vor Ort bestätigen, was die mithilfe von Satelliten erstellten Eiskarten des dänischen Polarportal oder des amerikanischen National Snow and Ice Data Center (NSIDC) zeigen. Das arktische Meereis schrumpft nicht nur in der Ausdehnung, sondern auch im Volumen und in der Qualität. Dünnes einjähriges Eis hat andere Eigenschaften als dickes, mehrjähriges. Großflächig mehrjähriges Eis befindet sich noch nördlich von Grönland und Kanada. Dass noch größere Teile des arktischen Ozeans, inklusive Nordpol, im Spätsommer und Herbst eisfrei sind, dürfte nicht mehr lange dauern – damit rechnet auch Expeditionsleiter Misund.
Die „Kronprins Haakon“ Norwegens neues, Forschungsschiff, wurde 2018 in Dienst gestellt. Es ist die erste Reise des Schiffes zum Nordpol. Ziel der Expedition ist es, weitere Wissenslücken über das arktische Meer, seine tierischen Bewohner und die zahlreichen Wechselwirkungen zu füllen.
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