Die norwegische Politik und die Versuchungen des Aktienhandels

Norwegen. In der norwegischen Regierung sind gerade zahlreiche Ministerposten neu besetzt worden, darunter der der Außenministerin wegen „Befangenheit“. Der prominenteste aktuelle Fall von Befangenheit betrifft allerdings nicht die aktuelle Regierung: Vor kurzem wurde bekannt, dass Erna Solbergs Ehemann während ihrer Zeit als Premierministerin äußerst fleißig mit Aktien handelte.

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Norwegen

Das  norwegische Wirtschaftsportal e24 war schon vor der Kommunal- und Fylkeswahl am 11. September hinter der Geschichte her gewesen: Solbergs Ehemann Sindre Finnes hatte umfangreicher mit Aktien gehandelt, als bisher öffentlich bekannt war, was Erna Solberg in mehreren Fällen vor politischen Entscheidungen befangen gemacht hätte, wenn es denn bekannt gewesen wäre – von Lachszuchtunternehmen und Firmen aus der Ölbranche  bis zum Rüstungskonzern. Zudem könnte Finnes über seine Frau von Insiderinformationen profitiert haben. Doch erst nach der Wahl, bei der Solbergs konservative Høyre sehr gut abschnitten, gab Erna Solberg öffentlich zu, dass es sich um Aktienhandel in größerem Umfang gehandelt habe als bisher bekannt und gemeldet. Sie selbst will nichts davon gewusst haben. Der Fall wird noch untersucht.

Der Fall Solberg und der Fall Huitfeldt

Theoretisch könnte es Premierminister Jonas Gahr Støre (Arbeiderpartiet) freuen, dass die politische Gegnerin nun Probleme am Hals hat, von denen nicht sicher ist, ob die bis zur nächsten Storting-Wahl vergessen sind. Ungünstig für seine Regierung war aber kurz vorher auch der Ehemann von Außenministerin Anniken Huitfeldt (Arbeiderpartiet) mit Aktienhandel aufgeflogen, der Huitfeldt befangen gemacht hätte, von dem Huitfeldt aber nichts gewusst haben will. Möglicherweise wäre Anniken Huitfeldt noch im Amt, wenn es nicht das Bedürfnis gegeben hätte, vor der nächsten Wahl sauberer dazustehen als Høyre – so oder ähnlich formulierten es norwegische Kommentatoren, zum Beispiel Lars Nehru Sand von NRK. Huitfeldts Nachfolger im Amt ist der bisherige Umweltminister Espen Barth Eide. Insgesamt gibt es fünf neue Minister und zwei, die auf einen anderen Posten wechseln.

Wenn der Minister selbst mit Aktien handelt

Die aktuellen Minister-Neubesetzungen sind nicht die ersten in Jonas Gahr Støres Amtszeit aus diesem Anlass: Im Juli 23 hatte bereits der Minister für Forschung und Hochschulbildung, Ola Borten Moe vom Koalitionspartner Senterpartiet, zurücktreten müssen . Borten Moe kaufte und besaß Aktien von Firmen, auf deren Auftragslage er direkt oder indirekt auch Einfluss hatte.  Im Juni 23 hatte außerdem die Ap-Kulturministerin Annette Trettebergstuen gehen müssen – sie hatte Posten mit persönlichen Bekannten besetzt.

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